Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Ein anderer Streich hätte noch schlimmer ablaufen können. Wegen 
einer begangenen Unart drohte die Erzieherin dem Prinzen das Früh— 
stück vorzuenthalten. Dieser schien sich willig darein zu fügen. So- 
bald aber Frau von Rocoulles in ein Nebenzimmer trat, öffnete er 
schleunig ein Fenster, stieg hinaus auf die Brüstung und rief: er werde 
sich aus dem dritten Stock hinabstürzen, wenn ihm nicht sogleich sein 
Frühstück gereicht werde. In Todesangst eilt die Erzieherin herbei 
und erfüllt auf der Stelle das Begehren des trotzigen Knaben. Diese 
und ähnliche Auftritte brachten die Eltern zu der Ueberzeugung, daß es 
besser sei, die Erziehung des Prinzen einem tüchtigen Offiziere anzuver- 
trauen. Dazu wurde der General Dohna, ein ehrenfester, feingebilde- 
ter Mann von strengen Sitten bestimmt. Mit der geistigen Entwickel- 
ung des Prinzen ging es jedoch langsam; er erwarb sich nur ober- 
flächliche Kenntnisse. Lust und Liebe zu den Wissenschaften, Geschmack 
für Kunst und feine Bildung vermochten seine Lehrer nicht in ihm zu 
erwecken. Er richtete seinen Sinn nur auf das, was er für unmittel- 
bar nützlich hielt, und dazu gehörten, nach seiner Meinung, die Wissen- 
schaften nicht. Im Fechten, Reiten und andern Leibesübungen machte 
er vorzügliche Fortschritte. Eine gewisse Derbheit und, eine tiefe Ab- 
neigung gegen allen Zwang schienen Hauptzüge seines Charakters zu 
sein. Uebrigens waren ihm eine einfache, strenge Gottesfurcht und ein 
gerader, biederer Sinn von frühester Jugend an eigen. Wenn diese 
edlen Eigenschaften zuweilen auch von seinen Leidenschaften überfluthet 
wurden, so machten sie sich doch immer wieder geltend. 
Schon früh zeigte Friedrich Wilhelm eine entschiedene Neigung 
zur Sparsamkeit. Der verschwenderische Aufwand, daß äußere Schau- 
gepränge an dem Hofe seines Vaters waren ihm durchaus zuwider. 
Als ein Kammerdiener dem zehnjährigen Knaben einen prächtigen Schlaf- 
rock überreichte, warf er denselben zornig in's Feuer. Eine Perücke, 
die er an einem Hoffeste hatte tragen müssen, hatte dasselbe Schicksal. 
Ueber die Verwendung der Geschenke, die er zum Geburtstage, zu 
Weihnachten und nach glücklich überstandenen Examen erhielt, führte er 
unter dem Titel „Rechnung über meine Dukaten“ ein Ausgabebuch, 
welches er Jahre lang mit eigener Hand in strengster Ordnung hielt.
	        
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