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107. Seine Regierung.
Friedrich Wilhelm stand in seinem fünfundzwanzigsten Jahre, als
er den Thron seiner Väter bestieg. Sein Körper blühete in der Fülle
der Gesundheit. Seine Gestalt maß fünf Fuß fünf Zoll. Seine Hal-
tung war gerade, echt militairisch, sein Schritt fest. Sein Gesicht bil-
dete ein schönes Oval mit hoher Stirn; der ernste Ausdruck desselben
wurde durch den offenen, zutraulichen Blick seiner Augen gemildert.
Bei aufgeregtem Gemüth aber flammten diese milden Sterne in schreck-
hafter Gluth. Wer mit bösem Gewissen vor den König trat, der
konnte dessen durchdringenden Blick nicht ertragen; nur wer eine ge-
rechte Sache führte und die Wahrheit redete, vermochte ihn auszu-
halten. Die Stimme des Königs war etwas schnarrend und undeut-
lich, und da er bei seinen täglichen Wanderungen zu Fuße und Roß
überall hinkam und sich gern mit den Leuten unterhielt, bei den Arbei-
ten aufmunterte, beim Exerziren der Truppen kommandirte, so war seine
Stimme in Berlin Jedermann bekannt. Er bediente sich im gewöhn-
lichen Umgange und ebenso bei Hofe und auf dem Paradeplatze nur
der deutschen Sprache. In den ersten Jahren seiner Regierung trug
er abwechselnd bürgerliche Kleidung und Uniform; später erschien er
fast immer in der Obersten-Uniform des Potsdamer Grenadier-Regi-
ments. Wenn er auf die Jagd ging, sah man ihn in einer grünen
Jägerkleidung, ein Weidmesser und ein Hirschhorn an der Seite. Bei
besonders feierlichen Veranlassungen versäumte er jedoch nicht, sich in
einem festlichen Kleide zu zeigen. Besonders verhaßt waren ihm die
französischen Moden. Als der französische Gesandte als neueste Mode
grosse Tressenhüte und Haarbeutel nach Berlin brachte, und es hier an
Narren nicht fehlte, die sich diese Tracht mit großen Kosten aus Paris
verschrieben, ließ Friedrich Wilhelm die Regimentsprofoße, welche da-.
mals, wie die Abdecker und Büttel für unehrlich galten, bei einer großen
Parade in französischen Tressenhüten und Haarbeuteln erscheinen, wo-
durch die neue Mode in der That arg in Verruf kam.
So einfach und schlicht auch der Anzug des Königs war, so war
ihm doch Sauberkeit und Reinlichkeit in höchstem Grade cigen. Er
wusch sich des Tags oft und liebte in seinen Zimmern holländische
Reinlichkeit. Um, Staub zu vermeiden, schaffte er die seidenen Tapeten,
die Polsterstühle und Teppiche ab, und man sah bei ihm nur hölzerme