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Stühle und Bänke. Um an dem Schreibtische die Rockärmel nicht zu
beflecken, zog er leinene Ueberärmel an und band, zum Schutze gegen
Dintenklexe, eine grüne Schürze vor.
Die erste Regierungshandlung Friedrich Wilhelms zeigte, daß die
Zeit des prunkenden Hoflebens vorüber sei. Vom Todtenbette des
Vaters, an dem er dem Strome seiner Thränen freien Lauf gelassen
hatte, begab er sich auf sein Zimmer und ließ sich das Verzeichniß des
Hofstaates vorlegen. Er übersah die langen Reihen der Kammerherren,
Ceremonienmeister und anderer überflüssigen Leute, ließ sich Feder und
Dinte geben, durchstrich die ganze Liste und erklärte dem Oberhof-
marschall, daß er hiermit alle Hofämter seines Vaters aufhebe und
kasstre. Dieser verhängnißvolle Federstrich ersparte dem Lande viele
Tausende von Thalern.
Nur die Leichenfeier des verstorbenen Königs wurde noch, den
Neigungen des Dahingeschiedenen gemäß, mit aller Pracht und Feier-
lichkeit begangen. Dann hörte alle Verschwendung auf. Im Staats-
haushalte wurden überall die größten Ersparnisse eingeführt. Nur nach
Geld und Soldaten ging des Königs Streben; die Stärke und das
Ansehen seines Staates setzte er ganz in die Macht seiner Truppen
und wollte, wie er sagte, selbst der Finanzminister und Feldmarschall
des Königs von Preußen sein. Das kostbare goldene und silberne
Tafelgeschirt wanderte nach der Münze, und mit dem daraus gepräg-
ten Gelde wurden Schulden bezahlt und neue Regimenter errichtet.
Kein überflüssiger Diener wurde geduldet.
Schon als Kronprinz hatte Friedrich Wilhelm sich an eine genaue
Eintheilung der Zeit gewöhnt, noch strenger stellte er die Tagesordnung
nach dem Antritte seiner Regierung fest; sparsam in Allem, war er es am
meisten mit der Zeit. Im Sommer stand er des Morgens um vier,
im Winter um sechs Uhr auf, wusch sich mit eiskaltem Brunnenwasser
und las einen kurzen Morgensegen. Eine Stunde nach dem Aufstehen
traten zwei Kabinetsräthe mit ihren Schreibern in das Zimmer des
Königs und hielten ihm ein paar Stunden lang Vortrag. Die ein-
gegangenen Schreiben wurden in Gegenwart des Monarchen entsiegelt
und gelesen. Den Bescheid schrieb der König gewöhnlich eigenhändig
kurz und bündig an den Rand des Briefes. Hierauf hörte er seine
Minister, Offiziere, oder wer sonst ein Anliegen hatte und hielt regel-
mäßig um zehn Uhr die Wachtparade ab, nach deren Beendigung er
seinen Marstall besuchte. Sowohl auf dem Wege zum Paradeplatze,
als auch bei der Rückkehr von dem Marstall nahm der König Bitt-
schristen an und redete die Leute, von denen er vermuthete, daß sie