Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

191 
gehabt hat. So eben auf dem Schlosse angekommen, hat er die ihm 
so verhaßten Flötentöne gehört und will nun den Thäter vestrafen. 
Die Prinzessin stößt einen leisen Schrei aus, der Prinz verändert die 
Farbe, und selbst Duhan steht betroffen still. 
„Ah, ein böses Gewissen!“ fuhr der strenge Monarch die Gruppe 
an; „Orgelton und Trommelklang laß ich mir gefallen; aber Flöten- 
spiel!! Geb' er mir mal die Flöte her, Er Querpfeifer, Er Poet! Und 
Er, Duhan, versehe er seinen Dienst ordentlich! Studir' er die In- 
struktio! Den Fritz will ich diesen Abend im Tabakskollegium sehen, 
damit er wieder unter Menschen kommt!"“ 
Aehnliche Auftritte kamen häufig vor und immer mehr stellte sich 
heraus, wie sehr die Gemüthsarten von Vater und Sohn verschieden 
waren. « 
Esbetrübtedenspatfamen,einfachen-Monarchena11f’6schmerz- 
lichste, wenn er sah, daß der Prinz das Wohlleben liebte, an lockeren 
Gesellschaften Freude fand und heimlich Schulden machte; es that ihm 
wehe, daß er nicht werden wollte, wie er; er hielt ihn für hartnäckig 
und stolz, für einen ungehorsamen Sohn, der nur seinem Kopfe folgen 
wolle; mit tiefem Schmerze glaubte er gar zu bemerken, daß er den 
Weg der Frömmigkeit verlasse. Das durfte nicht so bleiben, das mußte 
anders werden. Mit größter Strenge überwachte er ihn, mit den 
schwersten Strasen mußte er die Uebertretung der väterlichen Befehle 
büßen. 
Durch solche Behandlung aber erreichte der König seinen Zweck 
nicht. Die zärtliche Liebe gegen den Vater und das kindliche Ver- 
trauen wurden in dem Sohne erstickt. Wo er dem Könige gehorsam 
war, geschah es nur aus Furcht vor der Strafe. 
Dessenungcachtet war der Prinz oft bemüht, das Herz des Königs 
zu erweichen. Unter dem 11. September 1728 bat er denselben in 
einem herzlichen Briefe um seine Gnade und versprach zugleich, sich 
seinem Willen in allen Stücken zu fügen, erhielt aber eine harte Ant- 
wort, weil sein Leben seinen Worten nicht zu entsprechen schien. 
Bald darauf machte er noch einen Versuch. Es war zu Wuster- 
hausen beim Hubertusfeste. Friedrich beklagte sich in vertraulicher 
Mittheilung gegen den sächsischen Gesandten von Suhm über die 
Knechtschaft, worin er gehalten werde. Dann aber, etwas vom Weine 
erhitzt und ermuthigt, warf er sich mit dem Ausrufe: Ich liebe ihn 
doch! dem Vater an die Brust und benetzte seine Hände mit Küssen 
und Thränen. Alle Anwesenden wurden auf's tiefste gerührt und be- 
zeigten dem Prinzen laut ihre Theilnahme. Der Vater aber suchte sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.