Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

193 
noch unbekannt. Als sie in Mannheim ankamen, drang Friedrich von 
Neuem in den Pagen, ihm Pferde zu verschaffen und mit ihm davon 
zu reiten. Von Gewissenangst getrieben, warf sich dieser aber dem 
Könige zu Füßen und verrieth ihm das Vorhaben des Prinzen. Wie 
sehr auch Friedrich Wilhelm dadurch aufgeregt wurde, so ließ er seinen 
Sohn doch nicht merken, daß er um die Sache wisse. Zu Rochow 
aber sprach er: „Wir wollen warten, bis wir auf preußischen Grund 
und Boden kommen. Ihr bürgt mir mit Eurem Kopfe für den Prinzen 
und schafft ihn nach Wesel, lebendig oder todt, hört Ihr, lebendig 
oder todt!“ Rochow versprach Alles. In Frankfurt a. M. fiel dem 
Könige ein Brief des Kronprinzen an Katte in die Hände, worin der 
Fluchtplan ausführlich entwickelt war. Friedrich Wilhelm gerieth in 
die heftigste Wuth. Der Prinz durfte die Stadt nicht betreten, sondern 
ward auf eine Jacht gebracht, die zur Rheinreise gemiethet worden 
war. Als ihn der König am andern Tage auf dem Schiffe erblickte, 
ergriff er ihn wüthend bei den Haaren, schleuderte ihn umher und 
stieß ihn mit dem Krückstocke gegen die Nase, daß sie blutete. „Nie 
hat das Gesicht eines brandenburgischen Prinzen solche Schmach er- 
litten!“ rief Friedrich verzweiflungsvoll aus. Die anwesenden Gene- 
rale befreiten den Prinzen aus den Händen des Königs und bewahr- 
ten ihn dadurch vor noch schwereren Mißhandlungen. In Wesel 
wurde Friedrich dem Festungs-Commandanten als Arrestant übergeben, 
mit der Weisung, sein Zimmer zu verschließen und die Thür mit zwei 
Schildwachen zu besetzen. Noch spät am Abend ließ der König den 
Kronprinzen zum ersten förmlichen Verhör vor sich führen. Er er- 
mahnte ihn zuerst in ruhigem Tone, „Gott seinem Herrn und seinem 
Vater die Ehre zu geben und Alles zu gestehen“; denn der König war 
der irrigen Meinung, daß seine Gemahlin und der König von England 
die vornehmsten Urheber des Fluchtversuches seien. Friedrich konnte 
jedoch als Mitwisser seines Vorhabens nur seine beiden Freunde Katte 
und Keith nennen. Der König fuhr ihn jetzt heftig an, schalt ihn 
einen feigen Deserteur ohne Ehre. „Ich habe eben so viel Ehre, wie 
Sie,“ antwortete der aufs Aeußerste getriebene Prinz, „und habe nur 
das thun wollen, was Sie mir hundertmal gesagt haben, Sie würden 
es an meiner Stelle thun!“ Eine solche Sprache war der König 
nicht gewohnt zu vernehmen, und er würde den Prinzen mit dem Degen 
durchrannt haben, wenn der General Mosel sich nicht entschlossen 
zwischen den Vater und den Sohn geworfen und diesen in das Ge- 
fängniß zurückgeführt hätte. 
Das Schicksal des Prinzen erregte große Theilnahme unter dem 
Borussia. 13
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.