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132. Hinrichtung.
Es war in der Nacht vom 5. zum 6. November 1730. Unruhvoll
war der Schlaf des Prinzen, wirre Bilder beängstigten seine Seele.
Mehrmals drangen dumpfe Töne aus der Ferne in sein Ohr; end-
lich vernahm er im Nebenzimmer Schritte und Stimmen von Männern.
Bald darauf hörte er wieder ein dumpfes Klopfen und Hämmern.
Er erhob sich von seinem Lager, kleidete sich an und ging nach dem
Fenster. Grauer Nebel bedeckte den Platz zur Linken des Hauses.
Mattbrennende Lichter bewegten sich in einiger Entfernung hin und
her. Er öffnete das Fenster. Feuchtkalte Morgenluft wehte ihm ent-
gegen; ein Schauer ergriff ihn. Deutlich vernahm er nun das Klopfen
und Hämmern vor sich. Offenbar wurden Bretter und Balken an-
einandergefügt, das bekundete das eigenthümliche Geräusch. „Ha,“
dachte er, „wenn man dort ein Blutgerüst baute für dich!!“ Die Kniee
begannen ihm zu zittern; er mußte sich an den Eisenstäben des Gitters
halten. „Doch nein! Das kann der Vater seinem Sohne nicht thun!“
rief er, sich tröstend, zu. Wenn er aber wieder des strengen eisernen
Mannes, mit dem tödtlichen Zornesblick im Auge, gedachte, überfiel
ihn wieder neue Angst. So stand er einige Minuten. Dann ver-
nahm er Schlüsselgerassel an der Thür. Der Riegel wurde zurückge-
schoben, und düstern Antlitzes traten zwei Offiziere, der Oberst von
Reichmann und der Platzmajor Graurock in das Zimmer. Hocherho-
benen Hauptes und mit unterschlagenen Armen steht der Prinz mitten
im Gemache. Das machte sie stutzen, und sie konnten für ihren Auf-
trag nicht sogleich das Wort finden.
„Meine Herren,“ redete sie der Prinz ruhigen Tones an, „ich
ahne, was Sie mir zu verkündigen haben. Fürchten Sie nicht, daß
ich erschrecken werde. Sagen Sie dem Könige, sein Sohn, den er im
Leben oft feig gescholten hat, sterbe mit dem Muthe, der eines preu-
ßischen Prinzen würdig.“ Da sei Gott vor!“ unterbrach ihn der
Platzmajor Graurock. „Unser Auftrag ist anderer Art. Es ist uns
der Befehl zugegangen, Ew. Hoheit zu melden, daß in dieser Morgen-
stunde der Lieutenant Wilhelm von Katte auf dem Platze dort ent-
hauptet werden soll.“
hi au datte, mein Freund, soll sterben?“ rief der Prinz. „Ist er denn
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„Er ist vorgestern aus Berlin hierher transportirt worden.“