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Reue kehrte in seine Seele ein. Mit Freuden vernahm der König
diese Nachricht. Ihr folgten die ersten Zeichen seiner Gnade. Der
Prinz wurde aus dem strengen Arreste entlassen und durfte fortan in-
nerhalb der Festungsmauern sich bewegen. Diese Nachricht erschütterte
ihn so, daß er in Thränen ausbrach. Zugleich hatte der König seinen
Willen dahin ausgesprochen, daß der Prinz eidlich versprechen sollte,
ihm in der Zukunft in allen Dingen streng gehorsam zu sein, und hin-
zugefügt, daß er durch Bruch des Eides der Thronfolge verlustig gehen,
ja sogar sein Leben verwirken würde. Friedrich leistete den Eid, er-
hielt Orden und Degen zurück, ging zur Kirche und nahm das Abend-
mahl. Noch durfte er aber Küstrin und seine nächste Umgebung nicht
verlassen. Als jüngster Kriegs= und Domänenrath mußte er bei der
dortigen Kammer arbeiten. An einem unten im Sessionszimmer auf-
gestellten Tische nahm er mit zwei Kammerjunkern, die der König ihm
zu Gesellschaftern gegeben, Platz. Er sollte die Verwaltung des
Staates durch eigene Uebung genau kennen lernen. Von 7 bis halb
12 Uhr und von 3 bis 5 Uhr währten seine festgesetzten Arbeitsstun-
den; außerdem sollten zwei kenntnißreiche Staatsbeamte ihn unter-
weisen. Die heilige Schrift, das Gesangbuch und Arndt's wahres
Christenthum sollte er lesen, andere Bücher nicht. Dagegen solle er
Grund und Boden abschätzen lernen, sich um die Viehzucht, die Acker-
wirthschaft, das Bauwesen bekümmern. Er soll sehen, wie die Päch-
ter ihre Erzeugnisse vortheilhaft zu Gelde machten; „denn er müsse er-
fahren, wie viel Mühe es einem Bauern mache, so viel Groschen zu-
sammen zu bringen, als zu einem Thaler gehören. Dann werde er
einst rathsam mit dem Gelde umgehen.“
Der Prinz nahm die ernsten brieflichen Ermahnungen des Vaters
willig, oft mit Rührung an. Nachdem so ein Jahr der Buße ver-
flossen war, entschloß sich der König, seinen Sohn wiederzusehen. Wie
ganz anders trat der geprüfte und geläuterte Kronprinz seinem Vater
entgegen! Die französische Leichtfertigkeit seines Benehmens war ver-
schwunden und männlicher Ernst an deren Stelle getreten. Das ge-
fiel dem Vater gar wohl. Sowie der König den Kronprinzen er-
blickte, fiel ihm dieser zu Füßen. Der König hieß ihn aufstehen und
stellte ihm in einer nachdrücklichen Rede noch einmal seine Vergehun-
gen vor. Und als er ihn nun fragte, warum er doch einen Vater an-
feinde, der nur für ihn arbeite, fühlte des Sohnes Herz sich über-
wältigt. Friedrich empfand es nach langer Zeit wieder einmal recht
lebendig, daß der Vater ihn doch wirklich liebe. Aufrichtig beantwor-
tete er alle Fragen desselben. Dieser war sehr zufrieden, vergab dem