201
Sohne alles Geschehene, und als ihn der Kronprinz zum Wagen be—
gleitete, umarmte er ihn vor dem zahlreich versammelten Volke. Frie-
drich und alle Umstehenden waren freudig bewegt. Jetzt erhielt der
Prinz auch mehr Freiheit. Wie glücklich schätzte er sich, daß er nun
wieder frei durchs Feld reiten, die benachbarten Domänen besuchen
und von dem Zustande der Gebäude, des Viehes und der Aecker sich
unterrichten konnte! Er ergab sich mit Eifer der Landwirthschaft und
entwarf selbst Verbesserungsanschläge, die dem Könige sehr gefielen.
Er sah nun, daß Fritz auch Sinn habe für den Ernst und die Arbeit.
Aber doch ließ er ihn die Lehrzeit in Küstrin gründlich durchmachen.
Er mußte längere Zeit als Kriegsrath bei der Domänenkammer ar-
beiten, wodurch er die Regierungsgeschäfte gründlich kennen lernte.
Am Vermählungstage der Prinzessin Wilhelmine ließ ihn der Vater
heimlich kommen, trat plötzlich mit ihm in den Speisesaal und führte
ihn der hochbeglückten Mutter mit den Worten in die Arme: „Da ist
der Fritz!“ Bald darauf übergab er ihm ein Regiment und kaufte ihm
das Lustschloß Rheinsberg. Auf diesem freundlichen Landsitze begann
für den Prinzen ein neues, schönes Leben. Hier konnte er nach Her-
zenslust den Wissenschaften sich widmen; hier las er mit Bewunderung
die Thaten der Helden aller Zeiten; hier versammelte er die geistreich-
sten Männer, in deren Gespräch sein Geist die beste Anregung, sein
Gemüth die beste Erholung fand. Den Vater stellte Friedrich dadurch
zufrieden, daß er sein Regiment stets im besten Stande erhielt; auch
bewahrte er ihm nun immer die kindlichste Liebe und versäumte keine
Gelegenheit, wo er ihm eine Freude machen konnte. Das rührte den
sonst so harten Mann bis zu Thränen. „O mein Oott,“ rief er ge—
rührt, „ich sterbe zufrieden, da ich einen so würdigen Sohn zum Nach-
folger habe."
134. Regierungsantritt.
Am 31. Mai 1740 bestieg Friedrich, achtundzwanzig Jahre alt,
den Thron seiner Väter. Das war ein Freudenfest für alle Preußen.
Ein Zeitgenosse berichtet darüber aus Berlin: „Der Jubel der Unter-
thanen ist unbeschreiblich. Es ist hier ein solcher Andrang von Frem-
den, daß man erstickt zu werden befürchten muß, wenn man über den
Schloßhof geht. Unter ihnen befindet sich eine Anzahl von Glücks-
rittern, die sich einbilden, der König habe bloß ihretwegen den Thron