Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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bestiegen. Die Poeten schwärmen um den Thron Friedrichs, wie die 
Bienen. So wie man den König erblickt, ist das Jubelgeschrei ohne 
Ende. Es zeigt sich aber, daß man sich allgemein in dem neuen 
Könige irrte. Seine Widersacher zitterten vor ihm; er ist aber zu 
edel und zu groß, sie zu bestrafen; seine Anhänger hofften, von ihm 
mit Gold überschüttet zu werden; er ist aber zu weise, um thörichten 
Erwartungen zu entsprechen.“ So war es in der That. Seine 
Rheinsberger Genossen besonders hatten ein glänzendes und genuß- 
reiches Hofleben erwartet und die Hoffnung gehegt, in den Strahlen 
der neuen Sonne leuchten zu können. Allein so sehr sie sich darin 
auch getäuscht sahen, der König wurde ihnen doch gerecht, indem er 
sie ihrem Charakter und ihren Fähigkeiten gemäß im Staatdienste 
verwendete. Einem der früheren Günstlinge, der in übergroßer Freude 
einen lustigen Pariser Freund einlud, schleunig nach Berlin zu kommen, 
zerriß Friedrich den Brief, der ihm zufällig zu Gesicht kam, vor den 
Augen und fügte ernsthaft hinzu: „Die Possen haben ein Ende!“ 
Daher pflegten die Rheinsberger den Tag der Thronbesteigung den 
Tag der Täuschung zu nennen. 
Die einst unschuldig für ihn gelitten hatten, suchte er auf eine 
erhebende Weise zu trösten. Den Vater seines unglücklichen Katte er- 
nannte er zum Feldmarschall und erhob ihn in den Grafenstand. Auch 
die übrigen Glieder der Familie Katte's erfreuten sich unausgesetzt des 
Königs Gunst. Den treuen Duhan rief er aus der Verbannung zu- 
rück und bereitete ihm einen behaglichen Lebensabend. Der geflüchtete 
Keith wurde zum Stallmeister und Oberstlieutenant befördert. Den 
Kammerpräsidenten von Münchow, der seit Friedrichs Aufenthalt in 
Küstrin manche Widerwärtigkeiten hatte erfahren müssen, entschädigte 
er durch Gnadenbezeugungen mancherlei Art. 
Keinem Günstlinge gestattete der König Einfluß; er wollte das 
Staatsruder mit eigener Hand führen. Das erfuhr am ersten der 
alte Dessauer. Als er den König innigst bat, ihm und seinen Söhnen 
seine Gnade zu schenken und das Ansehen und den Einfluß zu lassen, 
den sie bisher genossen, erhielt er zur Antwort: „Ihre Aemter und 
Stellen werden Sie behalten, denn ich bin gewiß, daß Sie mir so 
treu dienen werden, wie meinem Vater. Was aber den Einfluß be- 
trifft, den Sie besessen zu haben meinen, so nehme ich denselben für 
mich allein in Anspruch und werde ihn Niemand, selbst meinem besten 
Freunde nicht gewähren.“ 
Mit außerordentlichem Eifer begann der König die Regierungs- 
geschäfte. In allen Dingen war er rasch, ausdauernd und unermüd-
	        
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