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lich. Seine Reisen zu Pferde oder im Wagen waren Flüge; von
Berlin bis Potsdam ritt er mit untergelegten Pferden; von Königs-
berg kehrte er trotz der schlechten Landstraßen in drei Tagen zurück.
Die fremden Gesandten klagten, daß er sein eigener Minister sei und
Alles abmache; es sei am Berliner Hofe jetzt Niemand, durch dessen
Hülfe sie Kenntniß und Einfluß erlangen könnten. Das Ziel seiner
Regierung veröffentlichte er in den Wahlsprüchen auf den Huldigungs-
münzen, die nach alter Sitte bei der Huldigung in Königsberg und
Berlin ausgeworfen wurden. Sie lauteten: „Glück des Volkes!“ und
„Der Wahrheit und Gerechtigkeit!“ Nach den Ceremonien der Huldi-
gung in Berlin trat er auf den Balkon des Schlosses, und das Volk
rief dreimal in freudiger Bewegung: „Es lebe der König!“ Da stand
er, der junge König, gegen Gewohnheit und Hofsitte, eine halbe Stunde
lang und schaute mit festem, aufmerksamem Blicke auf die unten wo-
gende Volksmenge, in tiefes Nachdenken versunken. Königliche Ge-
danken gingen ihm durchs Herz! ·
Friedrichs erste Regierungshandlungen waren Werke kindlicher
Liebe und eines echt königlichen, menschenfreundlichen Sinnes. Seiner
Mnutter, die von ihrem Gemahle etwas knapp gehalten worden
war, verschaffte er eine behagliche Lage. Als ihn dieselbe mit „Ew.
Majestät“ anreden wollte, sagte er: „Nennen Sie mich immer ihren
Sohn; dieser Titel ist köstlicher für mich, als die Königswürde.“ Der
letzte Winter hatte über ein halbes Jahr mit furchtbarer Strenge auf dem
Lande gelastet und eine allgemeine Theuerung und Hungersnoth ver-
anlaßt. Die Stimme des Elendes erreichte bald das Ohr des jungen
Monarchen. Schon am zweiten Tage seiner Regierung ließ er die
reichgefüllten Kornmagazine öffnen und das Getreide zu ermäßigten
Preisen verkaufen; den Armen gab er es umsonst. Am dritten Tage
hob er die schreckliche Folter auf, die man bisher zur Erpressung von
Geständnissen bei gerichtlichen Verhören gegen Verbrecher angewandt
hatte, und erklärte damit, daß in Zukunft eine mildere, menschlichere
Gerechtigkeitspflege walten sollte. Ebenso sprach er sich darüber aus,
daß er in Glaubenssachen eine vollständige Gewissensfreiheit gestatten
werde; denn in seinem Staate müsse Jeder nach seiner Weise Gott
verehren und selig werden können.
Im Uebrigen behielt der König die Einrichtungen seines Vaters
bei; die Armee vergrößerte er noch; nur die „langen Kerls" schaffte
er ab. Er selbst wohnte den militairischen Uebungen unermüd-
lich bei und drang auf eine menschliche, freundliche Behandlung