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Der Zornesruf des großen Kurfürsten: „Aus meiner Asche wird
wider euch ein RNächer auferstehen!“ war ihm ins Herz gegraben;
die Mahnung seines Großvaters: „Mein Recht in Schlesien auszu-
führen, muß ich meinem Nachfolger überlassen,“ stand fest in seinem
Gedächtnisse, und das Wort seines Vaters: „Da steht Einer, der wird
mich rächen!“ glaubte er noch immer zu hören. Und er beschloß, die
unbezweifelten Anrechte auf Schlesien mit dem Schwerte in der Hand
geltend zu machen.
Als nun Anfangs December der österreichische Gesandte Botta
durch Schlesien nach Berlin reiste, um dem Könige zu seiner Thron-
besteigung Glück zu wünschen, bemerkte er mit Erstaunen in den Mar-
ken überall Kriegsrüstungen und Truppenzüge nach der schlesischen
Grenze hin. Berlin glich einem Feldlager. Das beunruhigte ihn,
und er suchte auf den, Grund zu kommen. In einer Audienz beim
Könige äußerte er, die Landstraßen Schlesiens seien so grundschlecht,
daß man sie nicht passiren könne. Friedrich lächelte für sich und er-
wiederte trocken: „Wer das Land bereisen will, wird schon Mittel
finden, hindurch zu kommen; die einzige Gefahr ist, ein wenig be-
schmutzt zu werden.“ Erst in der Abschiedsaudienz machte der König
dem Gesandten die Mittheilung, daß er Schlesien besetzen werde. Da
rief Botta bestürzt: „Ew. Majestät werden das Haus Oesterreich zu
Grunde richten und sich selbst in den Abgrund stürzen!“ „Das wird
von Ihrer Königin abhängen," entgegnete Friedrich. „Will sie meine
Vorschläge annehmen, so ist Alles gut.“ Der Gesandte bemerkte zu-
letzt noch in spöttischem Tone: „Ihre Truppen sind schön, Sire, schöner
als die unfrigen; aber die unsrigen haben vor dem Schusse gestanden!“
Friedrich erwiederte ihm, etwas gereizt: wenn er seine Truppen bisher
schön gefunden habe, so werde er sie bald auch tapfer finden.