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Stumm, im schlichten Mantel, geht er, wie verlassen,
Durch entlegne Straßen, durch verborg'ne Gassen;
Alb der helle Jubel kann ihn nicht entzücken,
Ernst und tiefer Kummer spricht ans seinen Blicken.
Er tritt in ein Häuslein, klopft an eine Thüre,
Lauscht, den Athem haltend, ob es vrin sich rühre.
Und in dumpfen Tönen, wie aus Grabesstufen,
Höret, tief erschüttert, das „Herein“ er rufen.
Er tritt ein. Da ruhet auf dem Schmerzenslager
Duhan, Friedrich's Lehrer, abgewelkt und hager,
Bald wird Erdenwehe ihn nicht mehr betrüben:
Auf dem bleichen Antlitz steht der Tod geschrieben!
Duhan, der in Friedrichs harten Jugendtagen
Schwer mit ihm gelitten, still mit ihm getragen
Jene Leidensbürde, Schimpf und Spott und Strafen,
Die ihn mit dem jungen Königssohne trafen;
Duhan, der viel edle Samenkörner legte
In das Herz des Jünglings und sie sorglich pflegte,
Der mit Lehrertreue reichlich sie begossen,
Daß die schönsten Blüthen segnend d'raus entsprossen;
Duhan, der den Helden stets im Geist begleitet
Auf den Ruhmesbahnen und ihn heimgeleitet,
Hätt' ihm gern geboten heut' ein Liebeszeichen,
Doch er kann ihm keine Siegeskränze reichen.
„Duhan, lieber Duhan, sehn wir so uns wieder?“
Seufzt betrübt der König; Thränen träufeln nieder,
Und er faßt des Kranken schluffe, dürre Rechte,
Wünschund, daß ein Engel ihm Genesung brüächte.
„Nein,“ haucht Duhan leise, und er lächelt milde,
Wie die Abendsonne auf das Herbstgefilde;
„Nur den Wunsch noch hegt' ich, einmal Sie zu sehen:
„Da ihn Gott erfüllet, will ich schlafen gehen!“