Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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wurde das Mittagsessen aufgetragen. Der König aß nicht gar viel, 
aber er liebte gute und scharf gewürzte Speisen. Seine Tischgesell- 
schaft bestand gewöhnlich aus acht Personen. Er liebte besonders 
heitere Gäste und verstand es, seinen Tischgenossen funkelnde Witze zu 
entlocken. Er selbst war gewöhnlich einer der Geistreichsten. Manch- 
mal wurde die Tafel erst um vier Uhr aufgehoben. Nach dem Mit- 
tagsessen ließ er sich die von den Kabinetsräthen ausgearbeiteten Be- 
scheide zur Unterschrift vorlegen. Er las sie aber vorher noch auf- 
merksam durch und machte oft Veränderungen oder Zusätze. So blieb 
nie Etwas liegen, und Jeder hatte unglaublich schnell Antwort auf 
seine Eingaben in Händen. Nach dem Kaffeetrinken unterhielt sich der 
König mit Gelehrten und Künstlern, ging in dem Garten umher oder 
ließ sich vorlesen, sehr oft schrieb er auch selbst. Um sechs Uhr ver- 
sammelten sich seine Musiker zu einem Concerte, wobei Friedrich die 
Flöte blies. Die Abendtafel hielt er in einem Kreise heiterer Freunde, 
unter denen er sich in seiner Liebenswürdigkeit zeigte und oft den König 
vergaß. Manchmal wurde es unter lebhaften, launigen Gesprächen 
Mitternacht, ehe er sich in sein Schlafgemach begab. So waren die 
Geschäfte des Tages regelmäßig eingetheilt. Nur im Kriege, oder wenn 
der König sein Land bereiste, trat natürlich eine andere Ordnung der 
Dinge ein. Seine Reisen begangen im Mai. Er musterte auf den- 
selben die Truppen und sah nach Allem in der bürgerlichen Verwal- 
tung. Hohe und niedere Beamten mußten da genau Rechenschaft über 
ihre Thätigkeit ablegen. Bei Kaufleuten und Fabrikanten erkundigte 
sich der König nach Handel und Gewerben und half etwaigen Be- 
schwerden ab. Keinem versagte er Gehör; auch der Aermste durfte 
nicht zurückgewiesen werden. Denn er sagte: „Ich bin der Landes- 
vater für Alle.“ Große Begquemlichkeit verlangte er auf seinen Reisen 
ebenso wenig, wie im Feldlager; das einfachste Nachtquartier war ihm 
das liebste. Schmeichelreden haßte er. Oft ließ er sich mit Leuten 
unerkannt in Gespräche ein und erfuhr so Mancherlei, was ihm sonst 
unbekannt geblieben wäre. Diese Thätigkeit, diese Ordnung hörte erst 
am Tage vor seinem Tode auf.
	        
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