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156. Schwerin bei Prag.
Des sechsten Maies Morgen
Schwebt über Berg und Au,
Der Feind ist wohlgeborgen
Durch Gräben und Verhau;
Es halten seine Flügel
Die Höhen rings besetzt,
Ein feuerspei'nder Hügel
Ist jede Kuppe jetzt.
Hier wird die Schlacht geschlagen!
Steil ist die Bergesbahn; "
Doch siegen und nicht wagen,
Das heißt nur halb gethan:
Die Grenadiere stürmen,
Kartätschen prafseln drauf,
Und vor den Hügeln thürmen
Sich Leichenhügel auf.
Am Boden liegt, vernichtet,
Schwerins Leib-Bataillon;
Ein Eichwald, tief gelichtet,
So steht ein zweites schon;
Getroffen sinkt danieder
Gem'’ral von Winterfeldt,
Und die zerschoff'nen Glieder
Nichts mehr im Feuer hält;
Sie flieh'n. Die alte Erde
Bebt selbst, als ob ihr's graut',
Da steigt Schwerin vom Pferde:
„Mir nach!“ so ruft er laut;
Er faßt die alte Fahie,
Noch nie zur Flucht gewandt,
Daß er den Sieg erbahne
Mit seiner Greisenhamd. —
Die Hägel sind ernttegen,
Die Kaiserkuhen flichn,
Doch — trauervolleh Siegen,
Im Seerben liegt Schwerin;
Vier Kugeln, erst gegossen,
Sie haben ihn zerfetzt,
Die Fahne, die zerschossen,
Srin Bahrtuch K fle jetzt.
Die Truppen ziehn vorüber
Mit dumofem Trommelschlag:
Solch' Tag des Glücks ist trüber,
Als je ein Ungläckstag;
Und als des Krieges Weise
Zu feiern nun befiehlt,
Von jeder Wange leise
Sich eine Thräne stiehlt.
DTnh. Fontane.