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Daun aber wollte von dieser Ehre Etwas mithaben und verließ
deshalb ebenfalls seine feste Stellung. Als Friedrich das erfuhr, rief
er lächelnd: „Der Fuchs ist aus seinem Loche gekrochen, und werde
ich seinen Uebermuth bestrafen!“
Am Tage vor der verhängnißvollen Schlacht redete Friedrich noch
einmal zu seinen Generalen und Obersten. Ernst und schweigend hin-
gen die grauen oft bewährten Helden an ihres Königs Munde. Sie
blickten in sein seelenvolles Auge, sahen sein frühgebleichtes Haar, sein
durch schwere Sorgen vor der Zeit gebeugtes Haupt. Sie dachten
daran, wie er Hunger und Durst, Hitze und Frost und alle Strapatzen
des Krieges mit ihnen redlich getheilt. Sie alle fühlten sein rührend
Loos, das Loos des Helden, der von allen Seiten todtmüde gehetzt
wird. Und nun schildert er ihnen die Gefahr seiner Lage bei dem un-
gleichen Kampfe, dem sie entgegen gehen, und spricht: „Es ist fast
Keiner unter Ihnen, der sich nicht durch eine große ehrenvolle That
ausgezeichnet hätte, und ich zweifle nicht, Sie würden, wenn es gilt,
Alles thun, was der Staat von Ihrer Tapferkeit zu fordern berechtigt ist.
Ich werde gegen alle Regeln der Kriegskunst den fast dreimal stärkeren
Feind angreifen, wo ich ihn finde. Wir müssen ihn schlagen, oder uns
Alle vor seinen Batterien begraben lassen! So denke ich, so werde ich
handeln. Ist aber Einer unter Ihnen, der sich fürchtet, alle Gefahren
mit mir zu theilen, der kann noch heute seinen Abschied erhalten, ohne
von mir den geringsten Vorwurf zu hören.“ „Nein! nein!“ riefen
alle die narbigen Gesichter. „Es lebe der König! Treu bis in den
Tod!“ Freundlich lächelnd fuhr darauf Friedrich fort: „Ich wußte
im Voraus, daß Keiner von Ihnen mich verlassen würde; ich rechne
also ganz auf Ihre treue Hülfe und auf den gewissen Sieg. Sollte ich
bleiben und Ihre Dienste nicht belohnen können, so muß es das Vater-
land thun.“ Nach einigen Augenblicken fügte er strengen Blickes noch
hinzu: „Das Regiment Kavallerie, das nicht gleich, wenn es befohlen
wird, sich unaufhaltsam in den Feind stürzt, lasse ich gleich nach der
Schlacht absitzen und mache es zu einem Garnison-Regimente! Das
Bataillon Infanterie, das es treffe, worauf es wolle, nur zu stocken
anfängt, verliert die Fahnen und die Säbel, und ich lasse ihm die
Borten von der Montirung abschneiden. Leben Sie wohl, meine Her-
van in Kurzem haben wir den Feind geschlagen oder sehen uns nie
wieder!“
Noch spät am Abend ritt der König durch's Lager, um durch
leutselige Worte die Truppen anzufeuern. Einige alte Krieger drängten
sich in treuherziger Vertraulichkeit an ihn heran und fragten: „Was