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bringst Du uns noch so spät, Fritz?“ „Ihr sollt morgen die Oester-
reicher brav zusammen hauen!“ „Das wollen wir!“ „Aber bedenkt
nur, wie fest sie sich verschanzt haben!“ „Wir schmeißen sie heraus,
und wenn sie den Teufel im Leibe hätten; führ' Du uns nur!“ „Nun,
ich werde sehen, was ihr könnt. Schlaft wohl!“ „Gute Nacht, Fritz!“
riefen viele Stimmen ihm nach. Auf ähnliche Weise plauderte der
König noch mit vielen Regimentern, und das Feuer der Begeisterun
loderte hoch auf unter den braven Kriegern. „Wie bei Roßbach *
es werdeul“ riefen Grenadiere und Reiter, die dort gefochten hatten;
„wir werden die Niederlage von Breslau rächen!“ fügten die schlesischen
Truppen hinzu. Jubel verbreitete sich über das ganze Heer; Kriegs-
und Siegeslieder klangen aus den Zelten; Feinde versöhnten sich; Ka-
meraden gaben sich den Handschlag, einander in Noth und Tod beizu-
gebden Frohe Kampflust und feste Siegeszuversicht sprachen aus Aller
Mienen.
Der Morgen des verhängnißvollen 5. Dezember brach an. Der
König ritt durch den Nebel seinen Kriegern voraus. Dann hielt er
auf hartem Felde, reglos, weiß sein Mantel, weiß sein Roß, weiß der
Höhennebel um ihn her. Sein Geist durchwandelte das Gesilde, wo
er so oft manövrirt hatte in Kriegs= und Friedenszeit, wo er so wohl
bekannt war. Dann winkte er Zieten, daß er ihm einen Offizier mit
50 Husaren zur Bedeckung erwähle. Zu diesem sprach er: „Ich werde
mich heute bei der Schlacht mehr aussetzen müssen, wie sonst. Er mit
Seinen 50 Mann soll mir zur Deckung dienen. Er verläßt mich nicht
und giebt Acht, daß ich dem Feinde nicht in die Hände falle. Bleib'
ich, so bedeckt Er den Körper gleich mit Seinem Mantel und läßt einen
Wagen holen. Er legt den Körper in den Wagen und sagt Keinem
ein Wort. Die Schlacht geht fort, und der Feind, der wird ge-
schlagen!“ Der Offizier salutirt mit dem Degen. Allgemach kommen
dem Könige seine Schwadronen nach. Die Kürasse der Reiter glänzten
im Morgenschimmer, und vom hohen Noß herunter erscholl es aus dem
Munde von Seidlitz' Schaaren: „'8 ist heute wieder der fünfte!“
„Roßbach!“ rief die Armee, vom ersten bis zum letzten. Dann herrschte
wieder tiefe Stille ringsumher. Nur in der Ferne krähte hier und da
ein Hahn oder bellte ein Hund. Die grauen Wolken jagten am Him-
mel wie Gespenster dahin. Manchen Tapfern mochte wohl der Ge-
danke an den nahen Tod oder an die fürchterlichen Schmerzen bei Ver-
stümmelungen überkommen. Fast kein Wort wurde gesprochen. Die
Stimmung war wehmüthig feierlich. Die vordersten Reihen stimmten
unter Begleitung der Feldmusik, fromme Lieder an. Sie sangen: