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166. Der Ueberfall bei Hochkirch,
am 14. October 1758.
Nach der Schlacht bei Zorndorf wandte sich Friedrich nach
Sachsen, wo sein Bruder Heinrich von Daun hart bedrängt wurde.
Als letzterer die Annäherung des Königs vernahm, legte er sich in
ein festes Lager. Ihm gegenüber beim Dorfe Hochkirch, unweit
Bautzen, lagerte sich der König. Seine Generale machten ihn auf
das Gefahrvolle dieser Stellung aufmerksam. Der Feldmarschall
Keith sagte dem Könige gerade heraus: „Wenn uns die Oesterreicher
hier ruhig lassen, so verdienen sie gehangen zu werden.“ Friedrich
aber antwortete scherzend: „Wir müssen hoffen, daß sie sich mehr
vor uns als vor dem Galgen fürchten."“ Die Sorglosigkeit der
Preußen stieg, als die Oesterreicher wirklich drei Tage lang unthätig
blieben. Der König selbst dachte nicht im Geringsten an einen Ueber-
fall. Er traute ganz den Berichten eines Spions. Er erfuhr näm-
lich, wie erzählt wird, durch einen österreichischen Offizier Alles, was
in der feindlichen Armee vorging. Die Briefe wurden in einem
Korbe mit Eiern, von denen ein ausgeblasenes das jedesmalige Schrei-
ben enthielt, überbracht. Ein solcher Korb mit Eiern gerieth aber
zufällig eines Tages in Daun's eigne Küche. Dadurch wurde das
Geheimniß entdeckt. Auch der Schreiber blieb nicht verborgen. Sein
Leben war verwirkt. Um es zu retten, mußte er dem Könige lauter
falsche Berichte zusenden. Während dieser nun glaubte, die Oester-
reicher würden ersten Tages abziehen, bereitete sich Daun zu einem
furchtbaren Schlage vor. Die Nacht vom 13. auf den 14. October
war zur Ausführung bestimmt. Damit der Schall der Fußtritte und
das Rasseln der Kanonen das Ohr der preußischen Vorposten nicht
erreiche, mußte eine Menge Arbeiter in dem nahen Walde mit gro-
ßem Geräusche Holz fällen. Im preußischen Lager hörte man die
lauten Axthiebe und das Kreischen der Sägen und glaubte, der Feind
wolle sich mit Hülfe des gefällten Holzes fester verschanzen. Man
begab sich daher unbesorgt zur Ruhe. Nur Zieten ließ aus Vorsicht
seine Husaren nicht absatteln.
Nach Mitternacht verließen die Oesterreicher in aller Stille das
Lager und singen an, die Preußen zu umzingeln. Die Vorposten
wurden ohne Geräusch überwältigt, mehrere Batterien genommen und
gegen die Preußen selbst gerichtet. Plötzlich, als die Glocke vom
Thurme zu Hochkirch eben 5 schlug, wurden die Preußen durch den