269
auf dessen Rath die Sache an das Kammergericht zu Berlin mit dem
Befehle, den Prozeß schleunig zu Ende zu führen. Aber auch das
Kammergericht bestätigte alle früheren Entscheidungen. Nun meinte
Friedrich, daß die Richter nur dem Adligen zu Gunsten ihr Urtheil ge-
sprochen hätten und überdies seinem auf Unparteilichkeit gerichteten
Willen zu trotzen versuchten. Gegen solches parteiisches und trotziges
Wesen wollte er ein für alle Mal ein warnendes Beispiel ausfstellen.
Er ließ den Großkanzler von Fürst mit den drei Räthen, welche die
Sache entschieden hatten, vor sich kommen; sie fanden ihn in seinem
Zimmer, durch starkes Podagra gerade in besonders gereizter Stimmung.
Mit heftigen Worten hielt er ihr Benehmen vor, sowie es ihm er-
schienen war. „Sie müßten wissen,“ sagte er, „daß der geringste
Bauer und Bettler ebensowohl ein Mensch sei, wie der König. Ein
Justizcollegium,“ fügte er hinzu, „das Ungerechtigkeiten ausübt, ist ge-
fährlicher und schlimmer, wie eine Diebesbande: vor der kann man sich
schützen, aber vor Schelmen, die den Mantel der Justiz gebrauchen,
vor denen kann sich kein Mensch hüten; die sind ärger, wie die größ-
ten Spitzbuben, die in der Welt sind und meritiren eine doppelte Be-
strafung.“ Den Großkanzler von Fürst entließ er mit den Ausdrücken
der größten Ungnade aus seinem Amte, die drei Räthe wurden eben-
falls abgesetzt und auf die Festung gebracht. Dasselbe widerfuhr den
Richtern, welche früher in der Sache zu entscheiden gehabt hatten.
Der Vorfall erregte nicht in Preußen allein, sondern in ganz Europa
das allgemeinste Aufsehen: überall wurdedie strenge Gerechtigkeitsliebe
des Königs gepriesen, welche auch dem Geringsten seiner Unterthanen
sein Recht zu verschaffen bemüht sei. Auch ist nicht zu leugnen, daß
das Beispiel, welches er hier aufgestellt, gewiß einen tiefen Eindruck
auf die Richter machte. Um so mehr bleibt zu bedauern, daß gerade in
diesem Falle, wo er sich gegen seine Gewohnheit einen Machtspruch
erlaubte, sein Zorn auf unschuldige Häupter feel.