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181. Friedrich als reisender Flötenspieler.
Im Jahre 1755 machte der König eine Reise nach Holland.
Er reiste incognito, d. h. er legte die Zeichen seiner königlichen
Würde ab und gab sich für einen reisenden Flötenspieler aus. In
einem Gasthofe zu Amsterdam bestellte er sich eine kostbare Pastete,
deren Geschmack ihm gerühmt worden war. Die Wirthin, die von
dem unscheinbaren Aeußeren ihrer Gäste auf deren Geldbeutel schloß,
erlaubte sich die Frage, ob man ein so theueres Gericht auch bezah-
len könne. Sie erhielt zur Antwort, der Herr sei ein so geschickter
Musikant, daß er mit seinem Flötenspiel in einer Stunde wohl mehr
verdienen könne, als zehn Pasteten kosteten. Das erweckte die Neu-
gierde der Frau; sie eilte zum Könige und bat ihn so lange, bis er
ihr Eins vorspielte. Das Spiel entzückte sie aber so sehr, daß sie
begeistert ausrief: „Ja, mein Herr, Sie können gar sehr schön pfei-
fen und auch wohl Etwas damit verdienen: Sie werden die Pastete
erhalten!“" ·
182. Was Friedrich an seinen Gesandten in London schreibt.
Friedrich verstand es prächtig, den preußischen Namen zu Ehren
zu bringen. Sein Gesandter in London, Baron von Bülow, be-
schwerte sich einst bei ihm darüber, daß sein Gehalt zu niedrig sei.
Er könne sich deshalb keine Equipage halten, müsse seine Besuche bei
Hofe zu Fuß abstatten und sich darüber verlachen und verspotten
lassen. Da schrieb der König: „Sage Er den Leuten, welche über
ihn lachen, Er sei der Gesandte des Königs von Preußen und hinter
ihm gingen 200,000 Mann.“ Man hat seit dem nicht wieder ge-
hört, daß die Großen am Hofe des Königs von England über den
zu Fuß ankommenden preußischen Gesandten gelacht hätten.