277
der König angeritten. „Was giebt es hier?“ fragte er. Man erzählte
ihm den Vorfall. Darauf befahl er, den Gemißhandelten zu besichti-
gen, und als sich ergab, daß der Arm dick aufgeschwollen und braun
und blau war, ließ er den Offizier sofort vor sich kommen und sprach
zu ihm: „Meine Armee besteht aus Menschen; er aber ist ein Un-
mensch. Bezahle er dem Artilleristen 50 Thaler für seine Schmerzen,
und dann scheere er sich zum Teufel!“ Dabei blieb es.
187. Friedrich und der Grenadier Mertens.
Unter den ersten Gefangenen, welche die Husaren in der Schlacht bei
Leuthen einbrachten, befand sich auch ein Grenadier, der nach der Nieder-
lage bei Kollin von des Königs eigenem Regimente desertirt war. Es
war ein Elsasser von Geburt. Friedrich kannte ihn auf den ersten Blick
wieder. „Ei, ei, Mertens,“ redete er ihn an, „du konntest mich ver-
lassen?“ „Ew. Majestät halten zu Gnaden,“ antwortete der Grenadier,
„es stand auch gar zu schlecht mit uns.“ „Das that es freilich.
Bursche, aber heute wollen wir noch einmal unser Glück versuchen.
Schlägt's fehl, so wollen wir morgen beide davon laufen.“ Der Gre-
nadier bat darauf den König, in sein altes Regiment wieder eintreten
zu dürfen; er werde sich tapfer halten. Friedrich erlaubte es, und
Mertens hielt Wort.
188. Friedrich und der General von Schmettau.
Es war noch im siebenjährigen Kriege. Die Armee hatte einen
Gebirgsmarsch in Schlesien auszuführen. Es ging dem feurigen König
zu langsam. Neben ihm ritt der fromme General von Schmettau,
gegen welchen Friedrich seinen Unmuth in Sticheleien über dessen Fröm-
migkeit ausließ. Schmettau konnte lange nicht zu Wort kommen;
endlich stockte der Redefluß des Königs. Da fieel der General mit
festem, ruhigem Freimuth ein: „Ew. Majestät sind viel witziger, als
ich, und auch viel gelehrter. Ueberdieß sind Sie mein König. Der
Kampf zwischen Ihnen und mir ist in jeder Rücksicht ungleich. Aber
dennoch können Sie mir meinen Glauben nicht nehmen. Und gelänge