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drich des Großen. Der Markgraf, ein kühner Reiter, fand an seinem
Pagen einen getreuen Schildknappen, der es ihm an kecken Wagnissen
bald zuvor that. Das wildste Pferd, das so eben aus den Wäldern
Litthauens ankam, bestieg er und wußte es zu bändigen; den stärksten
Hirsch des Wildparks ließ er sich einfangen, schwong sich hinauf und
jagte mit ihm ohne Sattel und Zaum über die Haide, bis das Thier
oder er niederstürzte. Vor den Wagen gespannte Pferde machte er ab-
sichtlich scheu, ließ sie durchgehen und sprang mit Anderen eben so Ver-
wegenen um die Wette aus dem Fuhrwerke, das über Stock und Stein
dahin flog. Eins der kühnsten Stücke des gewandten Reiters war, im
Galopp zwischen den sausenden Flügeln einer Windmühle hindurch zu
reiten. In dieser gefährlichsten aller Reitkünste hatte er eine solche
Sicherheit erlangt, daß er dasselbe als General im siebenjährigen Kriege
noch öfter zum Besten gab. Wie schwer übrigens ein solcher Ritt sei,
wird derjenige leicht begriffen haben, der den Versuch gemacht, durch
die umschwingenden Arme einer Windmühle aus einer gewissen Ent-
fernung einen Stein zu werfen. Siebzehn Jahr alt trat Seydlitz als
Cornet in das Kürassierregiment des Markgrafen, hatte aber einen
schweren Dienst. Der Oberst von Rochow mochte ihn nicht leiden.
Beim Ausbruche des ersten schlesischen Krieges zog der lustige Cornet
jubelnd mit in's Feld. Sein Oberst, dem er manchen Pagenstreich ge-
spielt haben mochte, suchte sich nun an ihm zu rächen; er schrieb ihm
einen Uriasbrief. Er befahl ihm nämlich, mit 30 Kürassieren als äußer-
ster Vorposten ein Dorf zu besetzen und es so lange zu behaupten, bis
zu seiner Verstärkung Fußvolk herau rücken werde. Bald wurde er von
einer großen Anzahl Feinde umringt und auf's heftigste angegriffen.
Stundenlang vertheidigte er sich mit kühnem Muthe und großer Tapfer-
keit. Da aber die Hülfe ausblieb, mußte er sich mit dem Reste seiner
Mannschaft gefangen geben. Das geschah aber unter der ehrenvollen
Bedingung, daß ihm seine Waffen, Pferde und Mantelsäcke, den Küras-
sieren Uniform und Gepäck gelassen würden. Nachdem er ein Jahr
lang als Kriegsgefangener in Ungarn zugebracht hatte, wurde er auf
besondere Verwendung des Markgrafen gegen einen Rittmeister ausge-
wechselt. Als er nach seiner Rückkehr sich beim Könige meldete, er-
zählte er diesem, wie ihn sein Oberst auf einen verlorenen Posten ge-
stellt. Da versetzte ihm Friedrich zu einem andern Regimente, ernannte
ihn aber vorher zum Rittmeister. Diese schnelle Beförderung soll durch
folgenden Vorfall veranlaßt worden sein. Seydlitz hatte nämlich seine
Gefangennehmung dadurch beim Könige entschuldigen wollen, daß er
nicht zu Pferde gesessen; so lange der Soldat zu Pferde sitze, dürfe er