Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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anderen Generale disputirten hin und her, bis Seydlitz, welchen der 
Streit langweilte, unwillig ausrief: „Wenn die Reiterei nur eher an 
den Feind kommt, als dieser sich die Klingen besehen kann, so mag sie 
meinethalben Reitgerten in der Hand haben, sie wird ihn werfen.“ — 
Durch seine Freimüthigkeit gegen den König wurde Seydlitz zu- 
weilen auch Andern nützlich. 
Als sich einst in Breslau eine Anzahl Invaliden so dicht um den 
König drängte, daß er verdrießlich wurde und sie hart anfuhr, nahm 
Seydlitz für sie das Wort und sagte: „Das sind die braven Männer, 
die ihre Knochen zu Markte getragen haben, um für Ew. Majestät 
Sieg und Ruhm zu gewinnen und die nun betteln gehen.“ 
Dem General von Bredow, der beim Könige in Ungnade gefallen 
war, und für dessen verzweifelte Lage Niemand Fürsprache zu thun 
wagte, bewirkte Seydlitz eine Pension von 1500 Thaler jährlich und 
eine Summe Geldes zur Bezahlung seiner Schulden. 
Friedrich pflegte während der Tafel seiner beißenden Laune freien 
Lauf zu lassen. Gewöhnlich trafen seine Scherze den Stallmeister von 
Schwerin. Eines Tages wurde derselbe dadurch so gereizt, daß er 
mit Heftigkeit dem Könige zurief: „Mir können Ew. Majestät wohl 
so Etwas sagen, ich muß mir Alles sagen lassen, aber da sitzt Einer, 
wobei er auf Seydlitz zeigte, „dem sagen sie auch einmal dergleichen!“ 
Die ganze Ticschgesellschaft erschrack ob dieser kühnen Antwort; allein 
Friedrich nahm sie stillschweigend hin und leitete ein ernstes Ge- 
spräch ein. 
War zwischen Friedrich und Seydlitz eine Kälte entstanden, so 
wußte der König mit Geist und Anmuth sie zu heben. 
Einst sprach Friedrich mit einem französischen General über die 
Schlacht bei Zorndorf, während Seydlitz mürrisch und theilnahmlos zu- 
hörte, weil er mit dem Könige gespannt war. Nachdem dieser die 
Schlacht ausführlich geschildert hatte, brach er plötzlich ab und rief, 
auf Seydlitz deutend: „Was soll ich mehr sagen? Da sitzt ja der 
Held, der die Schlacht gewonnen hat! Augenblicklich war der Groll 
verschwunden. 
Auch den Vorzug hatte Seydlitz vor allen andern Generalen, daß 
ihm der König sowohl im Lager als im Zelte und Parolezimmer die 
ihm verhaßte Tabacköpfeife gestattete. 
Seydlitz war von mittlerer Größe, hatte eine wohlgebaute, kräf- 
tige Gestalt, und seine Haltung zu Pferde kündigte den muthigen Hel- 
den an, den keine Gefahr zurückzuschrecken vermag. Der Erste beim 
Einhauen, übte er auf seine Untergebenen eine solche Gewalt, daß 
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