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Keiner zurückbleiben wollte. Sein Wort, sein Blick, sein Schwert wa-
ren drei Blitze, welchen Niemand zu widerstehen wagte. Die preu-
Pßische Reiterei hob er auf den höchsten Gipfel des Ruhms, und unter
den Generalen des großen Königs nimmt er unstreitig einen der ersten
Plätze ein. Er erreichte kein hohes Alter; schon im dreiundfünfzigsten
Jahre seines Lebens besiegte ihn der Tod. Als er in den letzten
Zügen lag, rief der König, der auf seinem Bette saß, schmerzvoll aus:
„Ich kann ihn nicht missen, ich kann ihn nicht missen!“ Das Mihß-
verhältniß zwischen ihnen hatte sich längst volltommen wieder ausge-
glichen. In einer abgelegenen Einsiedelei unter hohen Eichen auf
seinem Gute Minkowöki in Oberschlesien wurden Seydlitz irdische
Ueberreste beigesetzt. Ein einfaches Denkmal von Sandstein bezeichnet
seine Ruhestätte. Seine Bildsäule steht auf dem Wilhelmsplatze in
Berlin.
196. Junker von Soydlitz.
„Und wär' ich auch zehnmal mit meiner Schwadron
Umzingelt in Rücken und Flügel, —
Ein lumpiger Reiter nur fordert Pardon
So lang er den Fuß noch im Bügel!“ —
So prahlte Herr Seydlitz vor Mcjestät.
Der König hat's wohl erwogen,
Und wie er zum Thore reiten thät, —
Die Brücke war aufgezogen.
„Ei, Junker!“ — so sprach er mit schlauem Gesicht:
„Was helfen Ihm Bügel und Sporen?
„ Säß’ jetzt der Pandur Ihm im Nacken dicht,
„Mir scheint es: Er wäre verloren!“
Der Junker drückt’ in die Stirne den Hut
Und spornte das Roß, daß es bäumte,
Dann setzt’ es mit mächtigem Sprung in die Fluth,
Die Woge hoch über ihm schäumte
Mit breiter Brust durchschwamm es die Well'
Bis hinüber zum sandigen Hügel,
Da bläht' es die Nüstern und wieherte hell,
Herr Seydlitz saß fest in dem Bügel.