Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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ligte Fischer'sche Freicorps und einige andere französische Truppen Rast- 
tag. Sobald der biedere Hahn davon Kunde erhielt, zog er eilig sei- 
nen Sonntagsrock an und oben darüber seinen blauen Kittel, unter 
dem das Schurzfell herausstand, und ging in das Gasthaus zum Him- 
mel bei A2scheuer in Solingen. Hier fand er in der Trinkstube eine 
Menge französischer Soldaten. Bei denen erkundigte er sich nach den 
Kriegsangelegenheiten. Da mußte er denn die ärgsten Prahlereien 
hören. Ungeheuere Thaten sollten verrichtet werden. Zum kleinen 
Männlein wollten sie den großen Preußenfritz machen; nicht einmal so 
viel Land sollte er behalten, daß er eine Ziege darauf ernähren könne. 
Solche Reden waren Dolchstiche für ein edles Preußenherz. Hahn 
brauste wild auf. Die Franzosen schalt er Prahlhänse. Ihren Prin- 
zen Soubise nannte er ein schwaches Jüngelchen, das sein König wie 
ein dürres Rohr zerbrechen werde. Sein Fritz verstände die Kriegs- 
kunst besser als alle seine Feinde. Die Kaiserin wäre schon ein halbes 
Dutzend mal davon gelaufen. Mit den wilden Russen sei es nichts, 
mit der lahmen Reichsarmee sei es vollends nichts, und die Franzosen 
werde er zu allererst aus dem Lande herausschlagen. Das war den 
Franzmännern zu arg. Sie zückten schnell die Säbel. Meister Hahn 
machte es aber wie sein König; zum Zuschlagen ließ er ihnen keine 
Zeit. Mit einem Ofendeckel, in einer Solinger Esse geschmiedet, ohr- 
feigte er sie sämmtlich zur Thür hinaus. Es sollen echte Solinger 
Hiebe gewesen sein, ähnlich denen, welche die Preußen bald darauf bei 
Noßbach austheilten. Nachdem Meister Hahn den Feind in die Flucht 
geschlagen, stürzte er aus dem Hause, warf das Schurzfell von sich 
und rief voll Enthusiasmus: „Friedrich muß Hülfe haben!“ Auf 
Mangenberg stieß er auf einige Bekannte, die ihm zuriefen: „Wohin 
so eilig?“ „Dem Preußenfritze Hülfe bringen!“ war die Antwort. 
Mit denselben Worten begrüßte er seinen Vetter Witte, der ihm bald 
darauf begegnete. „Wie, Weib und Kind wollt ihr verlassen und in 
Händel laufen, die euch nichts angehen! Kommt mit nach Hause zu- 
rück, Gevatter, und denkt der Sache ruhiger nach bis morgen; nehmt 
wenigsteno Abschied von euerer Familie!“ „Ich habe mich bedacht; ich 
kenne meine Pflicht,“ erwiederte Hahn. „Der eigentliche Herr dieses 
Landes ist der Preußen-Friedrich; ihm habe ich geschworen, getreu zu 
sein zu Wasser und zu Lande, und ein schlechter Kerl würde ich sein, 
wenn mich die Noth meines Herrn nicht rührte. Geht zu meinem 
Weibe und sagt ihr, ich könne nicht anders. Von dem Gelde, das 
ich verdient habe, solle sie zehren; es wird schon ausreichen, bis ich 
wiederkomme. Falle ich, so wird ihr reicher Bruder sie nicht darben
	        
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