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Preußentreue. Hier ist besonders der General Blücher, der spätere Mar-
schall Vorwärts, zu nennen. Während des Marsches von Magdeburg
nach Stettin stand er unter dem Oberbefehl des Fürsten von Hohen-
lohe. Er war gewöhnlich mit seiner Schaar, die sich auf 10,000 Mann
belicf, eine Tagereise hinter dem Hauptheere. Als Hohenlohe bei Prenz-
lau die Waffen streckte, rief er innerlich ergrimmt: „Auch kapitulirt! Wir
wollen noch etwas warten!“ Und er zog mit seinen Soldaten in's Meklen-
burgische. Napoleon schickte drei seiner besten Feldherren hinter ihm her.
Der Großherzog von Berg trieb ihn auf der linken, der Marschall Soult
auf der rechten Seite, und Bernadotte drängte ihn im Rücken. Bald
war er von französischen Heerhaufen ganz eingeengt. Er manöbrirte
links und rechts. Fast täglich hatte er Gefechte zu bestehen. Eine ei-
gentliche Schlacht durfte er nicht wagen. Seine Leute konnten nur auf's
Kümmerlichste verpflegt werden. Viele sanken, vom Hunger erschöpft,
dem Tode in die Arme. Am 5. November rückten die Preußen in Lü-
beck ein. Hier wollte man ihnen aber weder Quartier, noch Verpflegung
geben, nicht einmal die Besetzung der Thore und Wälle wollte man ge-
statten. Da ging Blücher selbst auf's Rathhaus und sprach mit fester
zuversichtlicher Stimme: „Wir weichen nicht von dannen!“ Das half.
Die Franzosen beschossen darauf die Stadt. Dann stürmten sie. Drei-
mal aber wurden sie von den Preußen zurückgeschlagen. Endlich drangen
sie in die Stadt. Ein entsetzlicher Kampf entbrannte. Die Preußen
wurden fast aufgerieben. Die Ueberreste zogen sich langsam aus der
Stadt. Nun ging es nicht länger mehr. Blücher sah es selber ein.
Es mußte kapitulirt werden. Als die Verhandlung darüber zu Papier
gebracht werden sollte, sprach er: „Ich will, daß man hineinschreibe:
Weil ich Leute, Pulver, Kugeln und Alles daran gesetzt habe und Nichts
mehr ausrichten kann, gebe ich mich gefangen.“ Da erwiederten die
französischen Generale: „Das geht nicht; wir schreiben keine Gründe in
unsere Siegesacten." „Dann“ rief der alte Held zornig, schlage ich
mich bis auf den letzten Mann!“ Do sahen die Herren einander ver-
wundert an und sprachen: „So mag es denn sein. Ihr könnt die
Gründe eurer Namensunterschrift am Ende hinzufügen.“ „Gilt mir
gleich, ob's vorn oder hinten steht, wenn's alle Welt nur lesen kann,"
war Blüchers Antwort. Der Held war nun Kriegsgefangener, erhielt
aber bald seine Freiheit wieder.
Außer Blücher gab es noch andere Ehrenmänner im Lande in die-
ser bösen Zeit, darunter der Oberst von Neumann in Cosel, Kalkreuth
in Danzig, der alte Courbiere in Graudenz, Hermann in Pillau und
Gneisenau, Schill und Nettelbeck in Kolberg.