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das Commando mußte einen Andern übergeben werden. Scharnhorst
schloß sich an Blücher an und begleitete diesen bis Lübeck. Er leistete
demselben große Dienste, was wir aus einem Berichte Blüchers an
den König ersehen:
„Vorzüglich halte ich mich verpflichtet, Ew. Majestät besonderer
Gnade den vortrefflichen, in jeder Hinsicht verdienstvollen Obersten von
Scharnhorst zu empfehlen, dessen rastloser Thätigkeit, dessen fester Ent-
schlossenheit und einsichtsvollem Rathe ein großer Theil des glücklichen
Fortganges meines mühsamen Rückzuges zugeschrieben werden muß,
indem ich es gern bekenne, daß ohne die thätige Hülfe dieses Mannes
es mir kaum zur Hälfte möglich gewesen wäre, das zu leisten, was
das Corps wirklich geleistet hat.“ «
Das Ende bei Lübeck ist uns auch bekannt. Scharuhorst hatte
die Beschwerden des Rückzuges ertragen, er ertrug auch nun standhaft
das Schicksal der Gefangenschaft. Durch Blüchers Bemühung wurde
er aber bald ausgewechselt und trat wieder in Thätigkeit. Er eilte
nach Preußen, und bei Eilau stand er wieder mit in der Reihe der
Kämpfenden. Der Friede zu Tilsit machte einstweilen dem Kriege ein
Ende. Scharnhorst wurde Generalmajor, und Friedrich Wilhelm IIL,
dessen Vertrauen und ganze Achtung er besaß, ernannte ihn zum Prä-
sidenten der Commission zur neuen Einrichtung des Heeres. Hier war
Scharnhost auf seinem Platze. Mit weiser Umsicht begann er die Um-
gestaltung der Armee. Um die Wehrkraft des Landes zu brechen, hatte
Napoleon im Frieden von Tilsit dem Könige zur Bedingung gemacht,
nicht mehr als 42,000 Mann im stehenden Heere zu halten. Das
war eine kleine Armee für den Staat Friedrichs des Großen. Scharn-
horst aber sah wohl ein, daß es weniger auf die Menge der Soldaten
ankomme, als auf den Geist der Ehre und Vaterlandsliebe, der sie be-
seele. Um diese Dinge stand es bisher im preußischen Heere nicht zum
besten. Der Soldatenstand galt für entehrend. Das Heer bestand
größtentheils aus geworbenen Ausländern, die um Sold dienten. Das
Ehrgefühl wurde ihnen mit Stock und Spießruthen ausgeprügelt. Der
Offizier, der weiter keinen Vorzug zu haben brauchte, als den der ade-
ligen Geburt, behandelte den gemeinen Soldaten in der Regel hart
und verächtlich. Daher bestand kein Vertrauen zwischen den Führem
und den Soldaten, das doch, wenn es die Vertheidigung des Vater-
lands gilt, so unentbehrlich ist. Landeskinder entzogen sich so viel als
möglich dem Kriegesdienste, um sich nicht einer unmenschlichen Behand
lung auszusetzen. Diesen Uebelständen half Scharnhorst ab. Er wollte
den Soldatenstand zu einem Ehrenstande machen. Daher wurden kör-