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ritterlichen Geschlecht der Freiherrn vom und zum Stein an, deren
Güter in Nassau liegen. Sein Vater war churmainzischer Geheimrath.
In seinem 17. Jahre ging er auf die Universität Göttingen und stu-
dierte hier die Rechts= und Staatswissenschaften. Darauf machte er
eine Reise durch Deutschland, hielt sich längere Zeit in Wien auf und
bildete sich sodann bei dem damals höchsten deutschen Gerichtshofe,
dem Reichskammergerichte in Wetzlar, in praktischer Thätigkeit aus.
Hierauf trat er in preußische Dienste, obgleich seine Angehörigen wünsch-
ten, er möchte, dem Herkommen gemäß, sich dem Hause Oesterreich
widmen. Im Jahre 1780 wurde er als Bergrath zu Wetter in der
Grafschaft Mark angestellt. Hier erwarb er sich besonders dadurch,
daß er, seinem Charakter gemäß, überall gerade durchging, allgemeine
Achtung. Im Todesjahre Friedrichs des Großen unternahm Stein
eine Reise nach England und lernte so durch eigene Anschauung die
staatlichen und bürgerlichen Einrichtungen der Engländer kennen, zu de-
nen er sein ganzes Leben eine gewisse Hinneigung zeigte. Im Jahre
1796 wurde er zum Oberpräsidenten der westphälischen Kammer zu
Wesel, Hamm und Minden ernannt. Seine Wirksamkeit in dieser Stel-
lung war eine Vorbereitung zu den durchgreifenden Verbesserungen,
durch welche er später den preußischen Staat neu gestaltete. Er belebte
Handel und Gewerbfleiß, suchte den Bauernstand zu heben, regelte das
Forstwesen, sorgte für bequeme Verbindung durch Chausseen und fäör-
derte durch seine ganze Thätigkeit den Wohlstand der Provinz.
Im Jahre 1804 wurde Stein als Staatsminister mit der Ober-
leitung des Finanzwesens beauftragt. Als solcher leistete er dem Könige,
als dieser 1805 und 1806 gegen die Franzosen rüstete, durch weise
Vorschläge zur Beschaffung der Geldmittel wichtige Dienste. Allein
bald trat zwischen ihm und dem Könige Mißstimmung ein. Stein war
nämlich der Ansicht, die Einrichtung der höchsten Regierungsbehörde,
das Kabinet, sei mangelhaft, und alles Unglück, das den Staat bereits
getroffen und noch bedrohe, habe darin seinen Grund. Das Kabinet
bestand nun aus dem Könige und aus einigen andern Männern, die
der König seines besondern Vertrauens würdigte. Es bildete eine
Zwischenbehörde zwischen dem Könige und seinen Ministern. Diese
beriethen sich nicht unmittesbar mit dem Könige selbst, sondern, was in
dem Kabinet beschlossen wurde, mußten sie ausführen. Dies, meinte
Stein, sei ein Fehler in der Staatseinrichtung, denn das Kabinet habe
alle Macht und sei durchaus unverantwortlich, wohingegen die Minister
nur die Befehle Anderer ausführten und doch für ihre Handlungen
verantwortlich gemacht würden. Die Minister müßten das Kabinet des