Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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endigen. Große Opfer werden von Allen gefordert werden; denn un- 
ser Beginnen ist groß, und nicht gering die Zahl und die Mittel un- 
serer Feinde. Aber welche Opfer auch gefordert werden, sie wiegen 
die heiligen Güter nicht auf, für welche wir sie hingeben, für die wir 
streiten und siegen müssen, wenn wir nicht aufhören wollen, Prrußen 
und Deutsche zu sein. Es ist der letzte entscheidende Kampf, den wir 
bestehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. 
Keinen andern Ausweg gibt es, als einen ehrenvollen Frieden, oder 
einen ruhmvollen Untergang, weil chrlos der Deutsche und der Preuße 
nicht zu leben vermag. Mit Zuversicht dürsen wir vertrauen, Gott 
und ein fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verlei- 
hen, und mit ihm die Wiederkehr einer glücklichen Zeit!“ — 
Diese Werte stelen wie ein zündender Funke in Aller Herzen, und 
es ist nicht zu beschreiben, von welcher Begeisterung Alt und Jung, 
Männer und Frauen ergriffen wurden. Es ging ein helliges Pfingst- 
fest über das ganze Land; ja, vom Himmel kam der Geist, der Alles 
entflammte zu dem heiligen Kampfe und ein wahrer Sturm der Ge- 
fühle riß Alles mit fort. „Das ganze Volk,“ sagt E. M. Arndt, „stand 
auf wie zu einer Völkerwanderung; Krieg, Gefahr und Tod wollten 
Alle; den Frieden fürchteten sie, weil sie von Napoleon keinen ehren- 
vollen preußischen Frieden hoffen durften. Krieg!l Krieg! schallte e#s 
von den Karpathen bis zur Ostsee, von dem Niemen bis zur Elbe. 
Krieg! rief der Edelmann, der verarmt war; Krieg! der Bauer, dor 
sein letztes Pferd unter Vorspann und Fuhren todt trieb; Krieg! der 
Bürger, den die Einquartirungen und Abgaben erschöpsten; Krieg! der 
Tagelöhner, der keine Arbeit finden konnte; Krieg! die Wittwe, die 
ihren einzigen Sohn in's Feld schickte; Krieg! die Braut, die den Bräu- 
tigam zugleich mit Thränen des Stolzes und des Schmerzes entließ. 
Jünglinge, die kaum wehrhaft waren; Männer mit grauen Haaren 
und wankenden Knieen; Offiziere, die wegen Wunden und Verstümme- 
lungen lange ehrenvoll entlassen waren; reiche Gutsbesitzer und Beamte; 
Väter gahlreicher Familien; Verwalter weitläufiger Geschäfte, in dieser 
Hinsicht jedes Kriegsdienstes entschuldigt, wollten sich selbst nicht ent- 
schuldigen. Selbst Frauen und Jungfrauen in Männerkleidern, vom 
Strome der Begeisterung mit fortgerissen, drängten sich zu den Waffen, 
um für das Vaterland zu streiten und zu sterben. Jede Stadt, jeder 
Flecken, jedes Dorf erschallte von Kriegslust und Kriegsmusik und war 
in einen Uebungs= und Waffenplatz verwandelt; jede Schmiede war 
eine Waffenwerkstätte. Wer seinen Arm nicht bieten konnte, der bot 
seine Habe dar. Große Geldsummen, Gold und Edelsteine, Finger-
	        
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