Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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uns. Manchen Säbelhieb bekamen die Franzosen zu kosten. Ihre Ku- 
geln konnten uns nicht aufhalten. Besonders herzhaft stürmte unsere 
Garde-Infanterie auf das Dorf Groß-Görschen los. Die Franzosen 
schrien zwar immer ihr „en avant, en avant!“ bei den Unfrigen aber 
hieh es: „Vorwärts, vorwärts, immer man druf!" und so ging es 
drauf los. Aus allen Häusern schossen die Franzosen, und hinter den 
Bäumen und Hecken hatten sich ihre Schützen aufgestellt, und ihre Ka- 
nonen krachten dazwischen, daß die Erde zitterte; aber es half ihnen 
Alles nichts, aus Groß-Görschen mußten sie heraus, sie mochten wollen 
oder nicht. Aber immer frische Soldaten brachte der französische Kaiser 
jetzt ins Gefecht, und wie die Frösche nach einem Regen im Sommer 
so kamen sie überall hervor, wo man sie hätte gar nicht erwarten sol- 
len. Wenn auch unsere braven Soldaten fochten, daß es eine Lust war 
sie anzusehen, so konnten die meisten Dörfer doch nicht gegen die zu 
große feindliche Uebermacht behauptet werden, sondern man mußte sie 
fast alle räumen. Da sah ich denn viele Beispiele von der größten 
Courage, so daß ich manche lange Stunde Euch davon erzählen könnte. 
Was ich nie vergessen habe, war, wie ein kleiner Tambour von unserer 
Garde immerfort zum Sturm trommelte, und sich gar nicht dadurch 
stören ließ, daß rechts und links die Grenadiere um ihn herum von 
den Kugeln getroffen wurden. Endlich schlug ihm eine französische Ku- 
gel den Trommelstock aus der linken Hand und mußte ihn dabei ver- 
wundet haben, denn ich konnte Blut aus der Hand fließen sehen. Als 
wenn aber gar nichts vorgefallen wäre, trommelte der Junge nun im- 
mer lustig und unverzagt allein mit der rechten Hand fort, bis zuletzt 
eine französische Kugel wieder daher gesaust kam, und ihm die Trom- 
mel zerschmetterte. Der Tambour selbst siel auch mit zu Boden, und 
wir glaubten ihn schon verloren, was uns Allen sehr nahe ging. Nach 
einer kleinen Weile aber sprang der Knirps ganz lustig wieder auf und 
lief zu seiner Compagnie zurück. Gegen Abend ward übrigens der Ka- 
nonendonner von den Franzosen immer gewaltiger. An 80 Stück Ka- 
nonen soll der französische Kaiser in eine Linie gegen uns haben auf- 
führen lassen. Was die für einen Lärm gemacht haben mögen, läßt 
sich denken. Bis tief in die Nacht dauerte der Geschützdonner fort. 
Schritt vor Schritt marschirten unsere Soldaten aus den erstürmten 
Dörfern, welche die Franzosen in Brand geschossen hatten, zurück, und 
wir blieben am Abend so ungefähr auf dem gleichen Flecke stehen, den 
wir am Morgen eingenommen hatten. Daß wir nach unserer Tages- 
arbeit sehr vergnügt gewesen wären, kann ich eben nicht sagen. Fast 
alle Regimenter hatten viele Leute verloren, wenn auch die Franzosen
	        
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