Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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arbeit ganz still, aber desto ingrimmiger vor sich. Der Mensch ist doch 
stellenweis eine recht bestialische Kreatur. Ich hatte nie einen Ochsen, 
oder ein Schwein schlachten sehen, ohne das Thier zu bedauern und 
hier schlug ich unbarmherzig auf die jungen, unbärtigen Rekrutengesich- 
ter los, als ob jeder mich tödtlich beleidigt hätte; und unsere Bekannt- 
schaft war doch erst von heute. Unser Lieutenant Krause schonte auch 
nicht, und stach mit seinem Degen drauf los, aber nicht blos so oben 
hin wie die Köchin mit der Spicknadel. An einem französischen Offfi- 
zier fand er endlich seinen Mann, der verstand sich besser auf den Stoß 
wie er; wir aber uns noch besser auf den Schlag und so ein doppelt 
kurmärkischer half meinen Fechtmeister vom Brode. So einen Schlag, 
als ihn unser langer Berliner Meyer hier vollführte, hab ich mein 
Lebtag nie wieder gesehen. Er traf mit dem Schloß des Gewehres 
den Franzosen grade auf die Stirn, schlug ihm den Hirnkasten in Stücke 
und den ganzen Kopf so zu Brei, daß man gar nicht erkannte, wo das 
Gesicht gewesen war. Uebrigens wehrten sich die, welche in der Mitte 
aushielten, wie Verzweifelte. Da war besonders ein alter Offizier, 
es schien ein Capitain zu sein, der war so wüthend, daß er den Schaum 
vor dem Munde stehen hatte, er knirschte mit den Zähnen, warf seinen 
zerbrochenen Säbel uns an die Köpfe, riß sich die Uniform auf und 
gab zu verstehen, daß er sterben wolle; einer von unsern Offizieren bot 
ihm Pardon an, der Franzose spie vor ihm aus; das war denn sein 
Ende, wie ihr euch denken könnt. Aber es war doch eine unbarmher- 
zige Metzelei! In Zeit von kaum drei Vaterunser war vor der ganzen 
Mauer auch nicht ein einziger Franzos mehr auf den Beinen. Alles 
lag todt oder schwer verwundet am Boden. In unseren Reihen war 
auch eine merkliche Unordnung eingerissen; erst nach und nach sammel- 
ten sich die Leute wieder. Ein Trupp von etwa 50 Landwehrmännern 
schlenderte ganz still für sich, die blutigen Gewehrkolben über die Schul- 
ter gelegt, zurück. Lieutenant Curiol, der Adjutant des Bataillons, 
hielt ihn an und fragte wohin? Feierabend machen! erhielt er zur Ant- 
wort, es giebt nichts mehr todtzuschlagen. Und das sagten die guten 
Leute mit einer Gleichgültigkeit, als ob sie vom Dreschen nach Haus 
gingen! - 
Von den 6 Bataillons Franzosen, die im Dorfe und an der 
Mauer entlang gestanden, kam nicht ein Mann davon. Die Leichen 
lagen so hoch wie die Mauer des Amthofes, der überhaupt vor Lei- 
chen zuletzt gar nicht zu betreten war. Ein Teich dicht dabei war zum 
rothen Meere geworden und ganz voll von Leichnamen. 
 
	        
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