Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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zu lassen. Nach zehn Uhr verließ Napoleon selbst die Stadt, nachdem 
er vom Könige von Sachsen Abschied genommen hatte. Macdonald 
und Poniatowski sollten die Stadt bis auf den letzten Augenblick ver- 
theidigen und dann den Rückzug decken. In den Straßen Leipzigs 
herrschte ein furchtbares Gewühl. Da zog Fußvolk und Reiterei, Ge- 
schütz und Pulverwagen, Gesunde und Kranke, Verwundete und Ster- 
bende, Frauen und Kinder, Markendenter und Viehheerden im wildesten 
Getümmel bunt durcheinander. Noch sind über 12000 Franzosen in 
der Stadt. Da fliegt plötzlich die unterminirte steinerne Elsterbrücke 
in die Luft; ein Feuerwerker hat sie zu frühzeitig gesprengt. Da er- 
neuerte sich der Tag von der Beresina; es war kein Ausweg mehr. 
Tausende stürzten sich in die kalten Fluthen der Elster, um sich durch 
Schwimmen zu retten; Tausende ertrinken, darunter auch der edle Po- 
lenheld Poniatowski; Tausende werden gefangen. 
Die Franzosen verloren in der dreitägigen Völkerschlacht gegen 
80,000 Mann; an 50,000 büßten die Verbündeten ein. Napoleon 
floh mit den Trümmemn seines Heeres dem Rheine zu. Das Joch der 
Fremdberrschaft war abgeworfen. Die deutschen Stämme waren ein- 
mal wieder einig gewesen bei einer großen Sache. 
O wären wir doch immer eins, ihr deutschen Brüder, 
Vor unserer Brust zerbräche eine Welt! 
271. Kameraden auf dem Schlachtseld. 
An den Trümmern einer Laffete, Sie strecken die Hand sich entgegen 
Auf dem Schlachtfeld hingestreckt, 
Liegen zwei stille Gefährten, 
Mit blutenden Wunden bedeckt. 
Sie hatten im Leben immer 
So innige Freundschaft gepflegt, 
Nun hat sie zur letzten Stunde 
Der Tod von einander gelegt. 
Noch fällt in die matten Augen 
Der Sonne letztes Licht, 
Da erkennen sie sich und blicken 
Einander in's bleiche Gesicht. 
Zum letzten Liebeswort, 
Sie raffen empor sich mühsam 
Und streben am Boden fort, 
Bis sie zusammen liegen, 
Wohin fie sich sterbend gesehnt, 
Und eng umschlungen sich halten, 
Die Brust an die Brust gelehnt; 
Da athmen sie Seele in Seele, 
Das Sterben dünkt ihnen nicht schwer, 
Ihr Blut strömt dunkel zusammen, — 
Jetzt trennt der Tod sie nicht mehr. 
Fedor von Köppen.
	        
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