402
schossen nun auch mit Kartätschen. Der Major jagte auf das feind-
liche Geschütz zu, hieb die Artilleristen von den Kanonen und wir nah-
men die ganze Batterie. Nun gings auf das dahinter stehende Quarré
los. Unser Major stürmte uns wieder weit voraus, hieb mit dem Sä-
bel rechts und links um sich, sank aber, ehe wir herankommen konnten,
von Bajonetstichen und Kugeln durchbohrt, vom Pferde. Wir sahen'sS
und stürzten nach. Als wir ankamen, war das Quarré schon wieder
geschlossen, aber die Feinde zitterten am ganzen Leibe. Ich war vor-
gedrängt und stand dicht vor ihren Bajonetten, mußte aber erst einen
Augenblick Luft schöpfen. Dann nahmen der Unteroffizier Böttcher und
ich die Gewehre verkehrt, schlugen mit den Kolben die gefällten Bajo-
nette von der Seite, und dann den Franzosen immer „patsch, patsch“
in's Gesicht. Unsere Kameraden folgten dem Beispiele, und noch heute
kann ich nicht begreifen, warum die Feinde so fest ineinander gedrängt
standen und sich nicht wehrten. Sie ließen sich ohne Widerstand
todtschlagen.
Jetzt erst traten wir zu unserm Major von Krosigk, der uns so
tapfer geführt. Er lag auf dem Boden, bleich und blutend, den Sä-
bel fest in der Faust. Einige wollten ihn aus der Schlacht tragen,
doch er sagte: „Füsiliere laßt mich liegen, es ist aus mit mir. Geht
und thut eure Schuldigkeit!“ Darauf befahl er seine Seele Gott und
starb.
Neben ihm verschied auch sein tapferer Adjutant Honig, ein Rechts-
gelehrter. Nun gings auf das zweite Quarré los. Wir hieben wie-
der wacker drauf ein und kamen an das dritte Viereck. Als wir uns
noch mit demselben herumschlugen, schickte Blücher einen Adjutanten
und ließ fragen, was das unsere für ein Regiment wäre? Wir ant-
worteten: Das zweite Brandenburgische. „Ach, sind's die braven Bran-
denburger?" rief der Adjutant: „Blücher läßt Euch sagen, er wird so-
gleich Kavallerie schicken.“ Wir fochten neu ermuthigt weiter, aber
welch' ein Schreck. Von seitwärts rückten wieder zwei große Vierecke
auf unsere blutenden Ueberreste los, und dahinter sprengte feindliche
Kavallerie an. Den gewissen Tod vor Augen, sammelten nun auch wir
uns zum Quarré, entschlossen unser Leben so theuer als möglich zu
verkaufen. Wir hatten drei französische Fahnen erbeutet, die nahmen
wir in unsere Mitte und wehrten uns durch Schießen so, daß ich fast
taub vor dem gewaltigen Krachen wurde. General York hatte unsere
Noth bemerkt und sandte uns brandenburgische und lithauische Drago-
ner. Die hieben die feindlichen Vierecke in Stücke, und die französische
Reiterei jagte davon. Jetzt ritt der General an uns heran und rief