Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

411 
Rücken und in der rechten Seite der Feinde heftigen Kanonendonner. 
Da springt er begeistert auf und jubelt, mit Thränen in den Augen: 
„Nun, Gottlob, da kommt der alte Blücher!“ Die Preußen warfen sich 
auf den siegenden Feind. Der Kampf wurde heftiger, denn je. Die 
Franzosen verrichteten Wunder der Tapferkeit; allein ein Haufe nach dem 
andern wird geworfen. Nur der Kern der französiichen Armee hält 
noch Stand! Ihre Adler sind mit Trauerflor umwunden; erst nach dem 
Siege sollen sie entschleiert werden. Doch die treue Schaar kämpft den 
Kampf der Verzweiflung vergebens. Die englische Reiterei ruft ihr zu 
sich zu ergeben. Darauf erschallt die Antwort: Die Garde stirbt, sie 
ergiebt sich nicht! Und ihre Worte wurden zur blutigsten Wahrheit. Kurz 
vor neun Uhr war der Sieg errungen, und die französische Armee löste 
sich in grauenvolle Flucht auf. Blücher befahl: Der letzte Hauch von 
Menschen und Pferden muß zur Verfolgung des Feindes aufgeboten 
werden. Da gings, den tapfern Gneisenau an der Spitze, unter dem 
Klange der Flügelhörner lustig in die Nacht hinein. Bei Genappe er- 
beuteten die Unsern den Reisewagen Napoleons. Er soelbst hatte sich 
bei dem Geschrei: „Die Preußen kommen!" kaum zum Schlage hinaus 
retten können und seinen Hut und Degen im Stiche lassen müssen. In 
den Dörfern, im hohen Korne wurden die todtmüden Franzosen durch 
den Schall der Hörner, das Wirbeln der Trommeln und das Knallen 
des Kleingewehrfeuers aufgejagt. Hell stand der Vollmond am Himmel 
als wollte er den tapferen Preußen leuchten. Aber immer dünner wurde 
die Schaar der verfolgenden Truppen. Zuletzt waren nur noch einige 
Reiter und ein paar Füsilierkompagnien übrig geblieben. Einen uner- 
müdlichen Kerl von Tambour setzte man in froher Siegeslaune auf eins 
der von Napoleons Wagen genommenen Kutschpferde, der mußte fort- 
während die Trommel rühren, und diese Hand voll Leute, dieser eine 
Tambour, jagte jetzt die Reste des fliehenden Heeres vor sich her, wie 
der Wind die fallenden Blätter. Noch in derselben Nacht schrieb Blü- 
cher an den Fürsten Schwarzenberg: „Der herrlichste Sieg ist erfochten. 
Ausführliches wird folgen. Ich denke, die bonapartische Geschichte ist 
nun vorbei. Ich kann nicht mehr schreiben, denn ich zittere an allen 
Gliedern. Die Anstrengung war zu groß.“ Und in der nämlichen 
Nacht richtete er folgende schriftliche Ansprache an die Armee! „Ihr 
habt gezeigt, daß tapfere Krieger wohl überwunden, aber ihr Muth 
nicht gebeugt werden kann. Empfangt meinen Dank, Ihr unübertreff- 
lichen Soldaten. Ihr habt Euch einen großen Namen gemacht. Nie 
wird Preußen untergehen, wenn Eure Söhne und Enkel Euch gleichen."
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.