Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

43 
ruhig seines Weges dahin ziehen, kein Kaufmann seine Waaren ver- 
senden. Ueberall hörte man von Raub und Plünderung, von Mord 
und Todtschlag reden. Das gemeine Volk ahmte den Adeligen nach 
und sprach: 
„Stehlen und Rauben ist keine Schande, 
Thu'’n es doch die Ersten im Lande.“ 
Und wenn die Reisenden durch die Mark ziehen mußten, so war der 
Schluß ihres Gebets: 
„Vor Köckeritze und Lüderitze, 
Vor Krachte und vor Itzenplitze 
Behüt' uns, lieber Herre Gott!“ 
Das Raubgesindel hatte sich aber gewaltig verrechnet. Sobald der 
neue Landesherr von dem Raubwesen Kunde erhielt, trat er mit Kraft 
und Strenge gegen die Wegelagerer auf und ging entschlossen zu den 
äußersten Maßregeln über. Ein Edelmann, der zu seinem Hofe gehörte 
und in der Nähe von Berlin einen Straßenraub verübt hatte, wurde 
ohne Gnade geköpft. So starben in einem Jahre in den Marken 
über vierzig adelige Räuber von Henkershand. Darüber entstand eine 
ungeheure Erbitterung unter dem Adel, was zu einer umfassenden Ver- 
schwörung führte. Die Verschwornen wollten dem Kurfürsten auf- 
lauern, ihn gefangen nehmen, öffentlich ein adeliges Standrecht über 
ihn halten und ihn dann an einen Baum hängen. Einer von ihnen, 
ein Junker von Otterstädt, der die kurfürstliche Leibgarde befehligte, 
hatte gar die Frechheit, an die Thür des kurfürstlichen Schlafgemachs 
zu schreiben: 
„Joachimke, Joachimke, hüte dy! 
Fangen wy dy, so hangen wy dy!“ 
Bei Köpenick sollte die That ausgeführt werden; doch ein Bauer ver- 
rieth dem arglos dahinreitenden Kurfürsten die Nähe der Verschwornen. 
Sogleich eilt Joachim nach Berlin zurück, ruft schleunigst eine Anzahl 
Reiter zusammen, überfällt die Räuber, nimmt sie gefangen und läßt 
sie an die Bäume hängen. Otterstädt, der Anführer der Rotte, wurde 
geviertheilt und sein Kopf an dem Köpenicker Thore befestigt. Da 
beschwerte sich der Adel bei andern deutschen Fürsten; aber Joachim 
antwortete denselben: „Ich achte den wahren, verdienten und tugend- 
haften Adel; aber die, welche die Ehre ihrer Vorfahren beflecken, 
verabscheue ich. Ich habe kein edles Blut vergossen; unehrliche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.