Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

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Da kam ihm der Gedanke, unter die heidnischen Preußen zu gehen 
und ihnen ein Lehrer des Evangeliums zu werden. Er führte seinen 
Vorsatz aus. Doch nicht als ein Zerstörer ihres alten, ihnen so hei- 
ligen Gottesdienstes trat er unter den Preußen auf; keine bewaffnete 
Macht, zu Raub, Mord und Brand bereit, war in seinem Gefolge, 
nein, er verkündigte das Evangelium der Liebe mit sanften Worten 
und überzeugenden Gründen. Sein Wirken war nicht ohne Erfolg. 
Viele Preußen ließen sich taufen. Christian ermüdete nicht, und das 
Werk der Bekehrung nahm einen raschen Fortgang. Bald bekannte sich 
ein großer Theil des Volkes zum Christenthume. Zwei mächtige 
Häuptlinge beschenkten ihren Bekehrer auch mit bedeutenden Herr- 
schaften. Christian dachte nun daran, ein geordnetes Kirchenwesen 
einzuführen. Während er sich darüber in dem fernen Rom mit dem 
Papste berieth und von diesem mit dem Bischoftitel die Berechtigung 
erhielt, die kirchlichen Verhältnisse in den neuen Ländern nach eigenem 
Ermessen und den römischen Satzungen zu ordnen, entstand in seinem 
Bisthume daheim ein wilder Aufruhr. Die Preußen besorgten, mit 
der neuen Lehre ihre Freiheit zu verlieren. Die Aufreizungen ihrer 
Priester kamen dazu, und so stand bald das ganze Land in Flammen. 
Alle Zeichen des Christenthums wurden vernichtet, Alles mit Feuer 
und Schwert verwüstet. Am härtesten mußten die Mönche im Kloster 
Oliva die Wuth der aufgeregten Preußen empfinden: sie wurden 
sämmtlich nach Danzig geschleppt und daselbst ermordet. Daw bei 
einer solchen Erbitterung des empörten Volkes und nach solchen schweren 
Unthaten eine friedliche Ausgleichung unmöglich sei, sah Bischof Chri- 
stian wol ein, und er schaute sich nach bewaffneter Hülfe um. Es 
fand sich aber Niemand, der es gewagt hätte, den Preußen mit dem 
Schwerte in der Hand entgegen zu treten und dadurch die Rache 
dieses Volkes auf sich zu lenken. Da mußte Christian sich selbst Hülfe 
schaffen. Er warb Söldner in Deutschland und Masovien (Polen) 
und führte sie gegen die Preußen. Allein es war diesen ein Leichtes, 
den also zusammengebrachten Haufen, dem ein kundiger Führer und 
jedwede Begeisterung fehlte, in die Flucht zu schlagen. Um nun unter 
seinen Truppen einen größeren Eifer zu erregen, stiftete Christian mit 
Genehmigung des Herzogs Konrad von Masovien einen Ritterorden, 
den der „Brüder von Dobrin“, die einen weißen Mantel mit Kreuz, 
Schwert und rothem Kragen trugen. Vergebens, die Brüder von 
Dobrin wurden in einer zweitägigen Schlacht bis auf fünf erschlagen, 
die sich in die Burg zu Dobrin retteten. Da gerieth der Bischof auf 
einen Gedanken, der in seinen Folgen für Preußen von außerordentlicher
	        
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