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von Raub und Plünderung. Das versetzte die Ordensritter in den
heftigsten Zorn; sie schwuren den grausamen Feinden blutige Rache
und zogen ihnen in Eilmärschen entgegen. Unweit Tannenberg, in
einer buschigen Gegend, trafen die gewaltigen Hcere am 15. Juli 1410
auf einander. In der Nacht vor dem Schlachttage brach ein furcht-
bares Gewitter los. Flammende Blitze warfen ihren grellen Schein
auf die langen Reihen der Krieger; gewaltige Donnerschläge machten
den Erdboden erbeben; der Sturmwind stürzte die Zelte um und schleu-
derte sie in wilder Unordnung über die Ebene hin, dabei strömte der
Regen vom Himmel herab. Auch am folgenden Morgen noch tobte der
Sturm, als beide Heeren sich in Schlachtordnung aufstellten. Ehe aber der
Orden den Angriff machte, sandte der ritterliche Hochmeister zwei
Herolde an den Polenkönig Jagello und dessen Bundesgenossen Witomd,
den Herzog von Litthauen, und ließ jedem ein Schwert überreichen
als Zeichen der Herausforderung zum Kampfe. Dabei sprachen sie
die Worte: „Wollt ihr Krieg oder Frieden? Wenn ihr den Krieg
wählt, so rückt vor zum ritterlichen Streite!“ Jagello erwiederte:
„Ich nehme die Schwerter, wie der Sieger von dem Ueberwundenen
die Waffen empfängt.“ »
Gegen Mittag, bei drückender Schwüle, beginnt Witowd unter
furchtbarem Kanonendonner die Schlacht. Nun setzen sich die Ordens-
ritter fest im Sattel, drücken den Helm tiefer in's Gesicht und stürmen
mit eingelegten Lanzen auf den Feind ein. Das Blachfeld tönt wieder
von dem ungeheuren Zusammenprall, Staub wirbelt auf, das Kampf-
gewühl wälzt sich hin und wieder; da fliehen endlich die Litthauer,
und die Polen sprengen heran, die siegreichen Ritter aufzuhalten.
Aber auch diese erhalten Hülfe, die Schlacht rast von Neuem in wilder
Wuth; ringsum decken Todte und Verwundete die Ebene, reiterlose
Pferde sprengen in rasender Eile über dieselbe; da weichen auch die
Polen, und Witowd eilt zu Jagello, damit dieser mit frischen Schaaren
zu Hülfe komme. Jagello nähert sich und schaut von einem Hügel
dem Treffen zu. Siehe, da fliehen die Polen, ihr Banner sinkt und
die Ritter verfolgen mit dem Siegsgesang: „Christ ist erstanden!“ die
Fliehenden. Auch Jagello will fliehen und läßt schon sein Haupt-
banner verstecken; da sprengt mitten durch Staubwolken ein Fähnlein
Ritter gegen ihn heran, voran Dippold v. Köckeritz, um den König
niederzuhauen. Schon hat er den Arm zum tödtlichen Streich erhoben,
da stößt ihm ein Pole hinterrücks die Lanze durch den Rücken, daß
Dippold rasselnd niederstürzt und seine Begleiter umringt und nieder-
gehauen werden.