69
In der Nacht vor dem heiligen Ostertage, und zwar um Mitter-
nacht, findet eine feierliche Messe statt. Nach Beendigung derselben ist
schon Alles gespannt auf die Dinge, die da kommen sellen. Plötzlich
dringt aus einem Winkel der Kitche ein verkleideter Priester hervor,
ein Kreuz in der Hand haltend; hastig läuft er zur Thür der Sakristei,
die er jedoch verschlossen sindet; ungestüm pocht er mit dem Kreuz an
die Thür. Da erhebt sich im Innern ein gräßlich Geschrei. Der
Herr Jefus — so spricht in der Kirche einer zum andern — will
niederfahren zur Hölle: aber die Teufel wollen ihn nicht einlassen.
Endlich stößt er die Thür auf und dringt hinein, und bald bringt er
etliche als böse Geister mit Ketten gebunden heraus, während andere,
mit weißen Kleidern angethan, Triumphlieder singend, freudig verkünden,
daß der Heiland der Welt nun auch die Pforten der Hölle bezwungen
habe. — Sobald die Sonne aufgehl, wird die Auferstehung Jesu ge-
feiert. In Procession tragen die Priester das Bildniß des Auferstan-
denen durch die Straßen, die gefüllt sind mit der Menge der Gläubigen.
Durch noch andere darauf folgende Umzüge soll die Feier des Auf-
erstehungstages erhöht werden.
Ein Buß= und Bettag fand sich damals noch nicht in der Reihe
der christlichen Feste. Desto feierlicher ist die Himmelfahrt des Herrn.
In der gewölbten Decke der Kirche ist eine große Oeffnung, sonst ver-
veckt, heut' geöffnet. Von hier hängen Stricke herab bis auf den
Fußboden. Auf dem Altar steht noch jenes Bild, das am Auferstehungs-
morgen in der Stadt herumgetragen worden. Dieses wird an die
Stricke befestigt und nun, eine Siegesfahne in der Hand haltend, bis
an die Decke hinaufgezogen. In der Oeffnung der Decke verschwindet
es. „Jetzt ist er aufgefahren gen Himmel,“ ruft aus gepreßter Brust
die staunende Menge. Da wird von oben plötzlich ein schändliches
Bild herabgestürzt, den Teufel vorstellend, den Christus besiegt und aus
dem Himmel geworfen habe. Ueber dieses Bild fällt die muntere
Schuoljugend her; es wird mit Füßen getreten, mit Ruthen gepeitscht,
mit Messern gestochen, auf dem Boden herumgezerrt und am Ende
gänzlich zertrümmert.
fel So glaubte man damals die christlichen Festtage würdig zu
elern.