Full text: Borussia. Bilder aus der Geschichte des preußischen Vaterlandes.

82 
Ruft Isenburg: „Es ist genng, 
Es ist zuviel!“ und greift die Zügel; 
Noch sah er, wie ein Knecht ihn schlug, 
Und riß den Wicht am Haar vom Bügel. 
„Es ist zuviel, hinweg, geschwind!“ 
Fort find sie, und ein Wirbelwind 
Fegt ihnen nach wie Eulenflügel. — 
Des Sturmes Odem ist verrauscht, 
Die Tropfen glänzen an dem Laube, 
Und über Blutes Lachen lauscht 
Aus hohem Loch des Spechtes Haube; 
Was knistert nieder von der Höh' 
Und schleppt sich wie ein krankes Reh? 
Ach armer Knabe, wunde Taube! 
„Mein gnädiger, mein lieber Herr, 
So mußten dich die Mörder packen? 
Mein Frommer, o mein Heiliger!“ 
Das Tüchlein zerrt er sich vom Nacken, 
Er drückt es auf die Wunden dort, 
Und hier und drüben, immerfort, 
Ach, Wund' an Wund' und blut'ge Zacken! 
„Ho, hollah hol“ — dann beugt er sich 
Und späht, ob noch der Odem rege: 
War's nicht, als wenn ein Seusfzer schlich, 
Als wenn ein Finger sich bewege? — 
„Ho, hollah hol“ — „Halloh, hoho!“ 
Schallt's wiederum, deß war er froh: 
„Sind unf're Reiter allewege!“ 
III. 
Zu Cöln am Rheine kniet ein Weib 
Am Rabensteine unter'm Rade, 
Und über'm Rade liegt ein Leib, 
An dem sich weiden Kräh' und Madbe; 
rochen ist sein Wappenschild, 
it Trümmern seine Burg gefüllt, 
Die Seele steht bei Gottes Gnade. 
Den Leib des Fürsten hüllt der Rauch 
Von Ampeln und von Weihrauchschwehlen, 
Um seinen qualmt der Moderhauch, 
Und Hagel peitscht der Rippen Höhlen; 
Im Deme steigt ein Trauerchor, 
Und ein Tedeum stieg empor 
Bei seiner Qual aus tausend Kehlen. 
Und wenn das Rad der Bürger sieht, 
Dann läßt er rasch sein Rößlein traben, 
Doch eine bleiche Frau, die kniet 
Und scheucht mit ihrem Tuch die Raben: 
Um sie mied er die Schlinge nicht, 
Er war ihr Held, er war ihr Licht — 
Und ach, der Vater ihrer Kuaben! 
A. v. Droste-Hülshof.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.