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Auslegung der Verfassung gab, beendete er den Streik durch die
Worte: „Ich will Frieden haben mit meinem Lolke.“ Seine landes-
väterliche Fürsorge erstreckte sich auch auf die äußere Wohlfahrt des
Landes. Jür die Landwirtschaft ward manche wohltätige Verordnung
erlassen; das Gesetz über Aufhebung und Ablösung der Grundlasten
befreite von vielen Abgaben und Leistungen, zu welchen der Besitz
von Grund und Boden verpflichtete, z. B. von den Zehnten, der
Gilde, der Hand- und Spannfron, dem Handlohn etc. Lollzugsvor-
schriften zum Gewerbegesetz suchten die Entwicklung der Industrie zu
fördern und den Ubergang zur Gewerbefreiheit zu erleichkern. Arme
und Notleidende werden noch heute von dem durch ihn gestifteten
„Johannisverein“ unterstützt. Als Freund der Wissenschaften berief
Mazimilian ausgezeichnete Gelehrte an die Hochschulen Bayerns.
Er ließ Erzeugnisse des Kunstfleißgses aus früheren Jahrhunderten
sammeln und in dem von ihm erbauten Nationalmuseum zu Nün-
chen ausstellen.
Aber nicht bloß das Wohl Bayerns, auch das Wohl Deutsch-
lands lag ihm am Herzen, was er durch die Teilnahme an dem
Geschick der Herzogtümer Schleswig-Holstein bekundete, welche sich
aus der drückenden dänischen Herrschaft befreien wollten. Zur selben
Zeit als diese Angelegenheit ganz Deutschland in Aufregung ver-
setzte, machte der Tod dem Leben des geliebten Königs ganz uner-
wartet ein Ende. Seine Regierung war für Bayern eine Zeit des
Glüches; darum bewahrt ihm sein Lolk ein dankbares, gesegnetes
Andenken. Lesebuch für das 8. Schulfahr.
75. König Ludwig II.
(1864—1886).
Ludwig II. gelangte unerwartet frühe zur Herrschaft. In seine
Hand war wiederholt eine folgenschwere Wahl gelegt. Noch in dem
Jahre seiner Thronbesteigung wurde Schleswig-Holstein von Preußen
und ÖOsterreich mit Waffengewalt von der drückenden dänischen Herr-
schaft befreit und an diese beiden Mächte abgetreten. Da Preubßen die
Herzogtümer ganz für sich zu erwerben beabsichtigte, so kam es 1866
zum deutschen „Bruderkrieg“, in welchem Bayern zu Osterreich stand.
Das Kriegsglück entschied zu Gunsten Preußens. Infolge des Krieges
16ste sich der seitherige Deutsche Bund auf. Osterreich, welches die
Hauptschlacht bei Königgrätz in Böhmen verlor, mußte aus dem Ver-
bande mit Deutschland scheiden. Die Staaten nördlich des Mains
Taten unter Preußens Führung zum Norddeutschen Bunde zusammen:
die süddeutschen Staaten schloßen Schutz- und Trutzbündnisse mit
Preußen ab, bildeten mit dem Nordbunde den Deutschen Zollverein
und beschickten das Deutsche Zollparlament zu Berlin, welches 1868
zum ersten Male zusammentrat.