104 Über den heutigen Stand der Militär-Rechtswissenschaft u. -Gesetzgebung.
Angesicht des Feindes mit dem Tode bestraft. ($$ 243—260 des öster-
reichischen, $$ S1—88S des deutschen M.-St.-G.)
Der Wachtdienst ist für den militärischen Dienstbetrieb von
srößter Wichtigkeit. Eine Außerachtlassung der Wachsamkeit seitens
einer Wache, namentlich aber eines Postens, kann in Kriegszeiten von
unberechenbar nachtheiligen Folgen für das ganze Heer sein. Pflicht-
verletzungen im Wachdienste werden daher namentlich in Kriegszeiten
strenge bestraft, (s$ 230—242 des österreichen, Art. 211—213 des fran-
zösischen, Art. 95— 99 des italienischen, $$ 143, 144 und 146 des deutschen
M.-St.-G.)
Eine weitere Art strafbarer Handlingen bilden die Fälle, in
welchen eine Dienstpflicht nicht oder nicht gehörig befolgt wird. Da
die militärischen Pflichten mannigfacher Natur sind, so ist das Gebiet
der Dienstvergehen ein weites und seiner Natur nach unbestimmtes.
Hieher gehören die strafbaren Handlungen, welche das österreichische
Militär-Strafgesetz als Hintansetzung der Dienstvorschriften im allge-
meinen bezeichnet. Derartige Dienstvergehen sollen dem Strafgesetze
dann angehören, wenn dieselben schwer genug erscheinen, namentlich
wenn durch dieselben ein Verlust herbeigeführt wurde; sonst aber der
Disciplinar-Behandlung unterliegen.
Die in den Militär-Strafgesetzen gegen Verleitung von Sol-
daten zur Verletzung ihrer Dienstpflichten, gegen Falsch-
werbung, Ausspähung und ähnliche Handlungen enthaltenen Strafnormen
sollen das Heer gegen solche. Delicte schützen, deren unmittelbares
Object die Kriegsmacht ist, während («ie Strafnormen „gegen wider-
rechtliche Handlungen im Felde“ den Zweck haben, die Gesittung in
der Kriegführung zu wahren, und die Mannszucht aufrecht zu erhalten,
welche durch Plünderungen, unerlaubtes Bentemachen u. s, w. sehr leicht
gefährdet wird.
Außer den militärischen Delicten gibt es noch gemeine Delicte,
welche von den Militär-Strafgesetzen deshalb normiert werden, weil
dieselben von Soldaten begangen im Interesse der Disciplin eine
strengere Bestrafung erheischen, als dies naclhı den allgemeinen Straf-
gesetzen der Fall ist. Hieher gehören der sogenannte Kameradschafts-
diebstahl (Entwendungen, begangen von einem Soldaten zum Nach-
theile eines anderen Soldaten), Veruntreuungen und Betrügereien im
Dienste, nach italienischem Militär-Strafgesetz auch Schlägereien unter
Soldaten.
In Bezug auf die anderen Delicte stelit der Soldat im wesent-
lichen dem anderen Bürger gleich. Dies bedingt jedoch durchaus nicht
eine Einschränkung der Militär-Jurisdietion auf die militärischen und
die militärisch-qualificierten Delicte der Militärpersonen. Auch durch