Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

114 Der Zeitgeist und das Militär-Strafrecht. 
Militär-Strafgesetzes zu sein hat. — Die heutigen Militär-Strafgesetze 
kennen keine qualificierten Todesstrafen und keine Leibesstrafen, und 
auch die Teufel und die Teufels-Verbiindeten sind aus den Militär- 
Strafgesetze verschwunden. 
Vergleicht man die heutzutage bestehenden Militär - Strafgesetze 
mit jenen aus früherer Zeit, so ist der Fortschritt der Gesetzgebung 
(wenn auch die Literatur den Gegenstand vernachlässigt hat) auf dem 
Gebiete des materiellen Strafrechts ein unbestreitbarer. Immerhin 
bestehen in den Militär-Strafgesetzen, namentlich in jenen aus älterer 
Zeit, noch manche harte Bestimmungen. und erscheinen dieselben daher 
theilweise retormbedürftig. 
Wahrhaftig humane Bestrebungen, welche eine gesunde, durch- 
führbare Reform anstreben, verdienen gewiss Beifall. Andererseits aber 
muss man sich hüten, in das Fahrwasser übel verstandener Weichlich- 
keit zu gerathen. Es macht sich in der Literatur immer mehr eine 
Strömung geltend, welche das Wesen des Heeres und die Bedeutung 
des Militärrechts gänzlich verkennt. Es ist z. B. gewiss nicht zu billigen, 
wenn die Behauptung aufgestellt wird, dass das Militärrecht mit der 
Diseiplin nichts zu thun hat, und dass alle militärischen Vergehen nur 
der diseiplinären Ahndung überlassen werden sollen. Es zeigt von einem 
Verkennen der militärischen Verhältnisse, wenn gegen die strenge Be- 
strafung der Vergehen gegen die militärische Unterordnung geeifert 
wird. Vaterlandsliebe und Achtung vor dem Vorgesetzten sind allerdings 
wichtige Dinge, allein das Strafrecht kann zur Erhaltung der Disciplin 
nicht entbehrt werden. 
Auf den hier berührten Gegenstand wollen wir nicht näher ein- 
gehen und uns nur mit der Bemerkung begnügen, dass wahre Huma- 
nität und Aufklärung sich ebenso von barbarischer Strenge als von 
einer theilnelimenden Empfindelei aus allectierter Humanität unter- 
scheiden, durch welche das Wohl des Staates Schaden leiden könnte. 
Der Zeitgeist ist eine große Macht, «der nichts zu widerstehen 
vermag, allein häufig werden auch die Wünsche einzelner als der Zeit- 
geist ausgegeben, und dann gilt das treifliche Wort Goethes: „Denn 
was die Herren den Geist der Zeiten nennen, das ist der Herren eigner 
Geist,“ 
C) Eine andere Umgestaltung hat das Militärrecht durch die Ent- 
wicklung und Fortbildung des Völkerrechts erfahren, welches 
seinerseits auch nur ein Product des Zeitgeistes ist. 
Die größten Nationen des Alterthums, die Griechen und Römer, 
sahen den Staat als die höchste Rechts-Institution auf Erden an. Das 
Princip der nationalen Abgeschlossenheit beherrschte die damalige Welt, 
„Ewiger Krieg den Barbaren“, wie man die Angehörigen anderer
	        
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