Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Rechte und Pflichten des Officiers im Militär-Strafverfahren. 147 
die ihm zur Last gelegte That begangen hat oder nicht. Die Fragen, 
welche zu diesem Beliufe an die Geschwornen vom Gerichtshofe, der 
aus gelehrten Richtern besteht, gestellt werden, sind mit „ja* oder 
„nein“ zu beantworten. Die Entscheidung darüber, als welches Delict. 
sich die That qualificiert, und welche Strafe zu verhängen ist, steht 
dem Gerichtshofe zu. 
Bei den Militärgerichten hingegen gibt jeder Richter seinen Urtheils- 
spruch über Schuld und Strafe zugleich ab. Jeder Richter hat daher mit 
sich selbst darüber zuratlie zu gehen und zu erwägen, ob der Beschul- 
digte die ihm angeschuldigte That wirklich begangen habe (z.B. ob er 
einen Menschen um das Leben braclıte), dann als welche strafbare Hand- 
lung sich die That darstellt (z. B. ob als das Verbrechen des Mordes, 
des Todschlages, oder als Vergehen gegen die Sicherheit des Lebens), 
und welche Strafe zu verhängen ist. Das Gesetz normiert nämlich ab- 
solute Strafen, z. B. die Todesstrafe, und Strafen, bei welchen nur das 
Minimum und Maximum bestimmt ist. Im ersten Falle kann nur die im 
Gesetze ausgesprochene Strafe verhängt werden, während im letzteren 
Falle der Richter die Erschwerungs- und Milderungsumstände in Be- 
tracht zu ziehen und zu erwägen hat, welche Strafe innerhalb des gesetz- 
lichen Rahmens zu verhängen ist. Bei Vorhandensein von überwiegen- 
den und wichtigen Milderungsumständen kann sogar auf eine Strafe 
unter dem geringsten gesetzlichen Strafausmaß, also z. B. wenn die 
gesetzliche Strafe ein bis fünf Jahre Kerker ist, auf etwa nur sechıs 
Monate Kerker erkannt werden. Dieser Fall ist wohl von dem Falle 
„u unterscheiden, wenn Jie Freiheitsstrafe durch Anwendung von Ver- 
schärfungen aus Dienstesrücksichten abgekürzt wird, z. B. anstatt auf 
sechs Monate ohne Verschärfungen, auf vier Monate mit Verschärfungen 
gesprochen wird. 
Bei der Entscheidung der That-(Schuld-) und Rechtisfrage hat jeder 
Richter nach seiner Überzeugung und den bestehenden Gesetzen vor- 
zugehen, da jeder Richter seinen Urtheilsspruch vor dem göttlichen 
und höchsten weltlichen Richter zu verantworten lat, wie dies auch im 
Eid, den das Kriegsrecht ablegt, zum Ausdruck konnt. ‚Jeder Richter 
des Kriegsrechts schwört, bloß nach den vorliegenden Umständen und 
Beweisen, dann den vorgeschriebenen Gesetzen zu urtheilen, zu richten 
und so zu sprechen, wie er es einst vor (ott und Seiner Majestät ver- 
antworten kann. 
Die Freiheit des Urtheilsspruches darf in keiner Weise beeinträch- 
tigt werden, daher geschieht auch, nachdem der Auditor seine be- 
rathende Stimme zuerst abgegeben hat, die Abstimmung chargenweise 
von unten nach aufwärts. Ganz widerrechtlich wäre es, würde auf einen 
Richter ein Zwang in Bezug auf den abzugebende, Urtheilsspruch aus- 
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