Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

158 Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts. 
häufige Vorkommen der Androhung der Todesstrafe beweist. Ebenso 
huldigte das früher bestandene preußische Militär-Strafgesetz vom Jahre 
1845 der Absclneckungs-Theorie. Es waren auf die Militär-Delicte sehr 
hohe Strafen gesetzt, um von der Begehung von Delicten durch Furcht 
vor Strafe abzuschrecken. Eine Ausgleichung der Härten war dem 
Gnadenwege vorbehalten. Das gegenwärtig besteliende deutsche Militär- 
Stralgesetz hat mit dieser Theorie gebrochen, indem der Mindestbetrag 
der Strafe so weit herabgesetzt ist, dass schon im RBRechtswege den 
Milderungsumständen Rechnung getragen werden kann.') 
Die Strafe soll mit der Abschreckung nicht im Verhältnisse der 
Cansalität stehen. Die bloße Abschreckung soll niemals Grund einer 
Strafe sein, wiewohl zwischen Strafe und Abschreckung ein Zweck- 
verhältnis bestehen kann und auch thatsächlich besteht. 
Gegen die Abschreckungs-Theorie im Militär-Strafgesetze lassen 
sich dieselben Kinwendungen erheben, welche gegen diese Tlieorie in 
Bezug auf das allgemeine Strafrecht bereits erhoben wurden. 
Nach der Abschreckungs- Theorie würde der Soldat nicht wegen 
der von ilım begangenen Delicte, sondern wegen der Delicte bestraft 
werden, welche möglicherweise künftighin von anderen Soldaten be- 
gangen werden können, der Soldat würde als Mittel zu einem Zwecke 
benüzt werden, dies aber widerstreitet der Vernunft, welcher die höchste 
Autorität im menschlichen Leben imnewohnt. Die Abschreckungs-Theorie 
geht von der irrigen Annahme aus, dass die Furcht vor Strafe die 
sicherste Grundlage des militärischen Gehorsams ist. Dies ist jedoclı 
irrig. Der militärische Gehorsanı berulit auf dem Pflichtgefühl und soll 
der Gehorsam des Herzens sein. Die Strafe ist nur ein, allerdings notl- 
wendiges Mittel zur Erzwingung des Gehorsams, weun alle sonstigen 
Mittel zur Erzielung desselben nicht ausreichen. 
Auch die mit der Abschreckungs-Theorie nahe verwandte Theorie 
des psychologischen Zwanges, welche den Rechtsgrund der 
Strafe in der Gefahr für die Gemeinschaft sucht, und schon durch die 
Androhung der Strafe den verbrecherischen Willen aufheben will, ist so 
wenig für das Militär-Strafrecht als für das allgemeine Strafrecht halt- 
bar. Der Gedanke, dass durch die bloße Straflrohung der verbrecherische 
Wille niedergehalten werden soll, führt zu einem drakonischen Straf- 
system. Überdies müsste der Staat bei jedem begangeuen Delicte sich 
selbst die Schuld geben, dass die angedrolite Strafe nicht genügend 
war, das Delict zu verhüten. 
Die Besserungs-Theorie sieht den Besserungs-(Erziehungs-' 
Zweck als Grund der Strafe an. Durch die Strafe soll der Übelthäter 
I) Keller, „Militär-Straßgesetz“, S. 10.
	        
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