Die philosophische Begründung des Militär-Strafrechts. 169
Feind betrifft, so können hieraus für das Heer und den Staat unberechen-
bare Nachtheile entstehen. Die Römer, welche mit Recht als ein soldatisch-
Juristisches Volk bezeichnet werden, dessen richtiges Urtheil in mili-
tärischen Dingen wir noch heute bewundern, stellten den Gehorsam
im Kriege höher als den Erfolg! Wer im Kriege etwas gegen den Be-
fehl des Vorgesetzten unternahm, wurde auch bei glücklichem Ausgange
des Unternehmens mit dem Tode bestraft (l. 3, $ 15, D. 49, 16).
Die Raumverhältnisse gestatten uns nicht, auf die übrigen mili-
tärischen Delicte einzugehen, auch ist es nicht unsere Aufgabe, hier
nachzuweisen, welche Bestimmungen der Militär-Strafgesetze bei einer
Revison derselben durch mildere Bestimmungen zu ersetzen sind.
Durch das Gesagte dürfte jedoch der Nachweis erbracht sein, dass
die Strafe für Militär-Delicte durch die Vernunft ob der begangenen
Rechtsverletzung gefordert und vom Staate, beziehungsweise den Militär-
Gerichten als Organen des Staates zur Erhaltung der Rechts-Ordnung
ım Heere verhängt wird. Nicht auf dem realistischen Princip
des Zweckes oder des Interesses, sondern auf dem idea-
listischen der Vergeltung beruht das Militär-Strafrecht.')
Der Grund der militärischen Strafe liegt in der Vergangenheit, uud ist
Wiedervergeltung, der Zweck die Erhaltung der militärischen Rechts-
Ordnung.
Mit der Gerechtigkeits-Theorie im Militär-Strafrecht sind die von
den relativen Strafrechts-Theorien angestrebten Rücksichten nicht nur
vereinbar, sondern sind in derselben enthalten. Es bedarf keines weiteren
Beweises, dass der Heeresleitung wie dem Staate darau gelegen ist,
dass künftig keine Delicte begangen werden, weil durch dieselben die
Disciplin leidet. Durch die wegen begangener Delicte verhängten Strafen
sollen der Thäter selbst und andere von der Begehung gleicher Thaten
abgehalten werden. Die in den Strafgesetzen angedrohten Strafen sollen
Motive bilden, um den Entschluss zur Begehung von Delicten zu hindern.
Dies wird aber nicht durch terroristische, sondern gerechte Strafen
erreicht.
Wenn die Überzeugung allgemein ist, dass „jedem das Seine“
nach Verdienst zutheil wird, so wirkt dies bessernd in juridischer und
moralischer Beziehung, da diese Überzeugung das Pflichtgefühl stärkt
und befestigt. Die Überzeugung, dass Gerechtigkeit besteht, warnt zu-
gleich, vom Wege des Rechtes nicht abzuweichen.
Das Princip der Gerechtigkeit in der militärischen Gesetzgebung
und Rechtspflege bildet eine der Grundlagen der militärischen Disciplin.
Ist die Disciplin erschüttert und droht dadurch Gefahr, so sind strenge
I) Dahn 1. c., S. 111.