Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

178 Der Geist des Heeres und der Idealismus. 
Hönig:!) „Ein Soldat ohne Idealismus ist ein Körper ohne Seele.“ — Wie 
die Denkungsart des wahren Soldaten die ideale ist, so ist es auch seine 
äußere Erscheinung. Die Haltung des Körpers ist aufrecht, Brust und 
Kopf heben sich empor, die Bewegungen haben etwas Abgemessenes 
und Feierliches. Die feste Stimme und die sichere Ausdrucksweise geben 
Zeugnis des idealen Selbstgefühles. Idealisten sind in der Regel gute 
Soldaten oder haben doch ein warmes Herz für das Heer. Sokrates 
kämpfte als tapferer Soldat in mehreren Schlachten, der Philosoph Fichte 
spielte keine unbedeutende Rolle in den Freiheitskriegen. 
Eine geistige, ideale Macht wohnt dem Heerwesen inne, welche 
jeden hochdenkenden Menschen unwiderstehlich anzielıt. Nicht der 
äußere Glanz, welcher das Heer umgibt, übt diese Anziehungskraft aus, 
der hohe Beruf des Heeres, und der Idealismus, welcher mit diesem 
Berufe in Verbindung steht, bringen die Begeisterung des Volkes für 
sein Heer hervor. Das Heer ist der Stolz eines wehrhaften Volkes. Noclı 
immer erscheint einem Volke das, was es durch sein Heer zu leisten 
vermag, als das Höchste, denn das Heer hat die Aufgabe, den Willen 
des Staates zum, selbst vor dem Tode nicht zurückschreckenden, Aus- 
druck zu bringen.?) 
Ein starkes Heer ist die Voraussetzung des Gedeihens der Volks- 
wirtschaft, der Blüte der Kunst und Wissenschaft Die Frage, wer mehr 
geleistet hat, Cäsar für Rom oder Aristoteles für Griechenland, muss 
zu Gunsten des ersteren entschieden werden. 
Es obliegt uns nun, von den geistigen Factoren, von den Ideen, 
deren Summe den guten Geist des Heeres ausmacht, zu sprechen. Diese 
moralischen Qualitäten sind: das Pflichtgefühl, die militärische Ehre, 
deren Schwester die Begeisterung, die Vaterlandsliebe, das 
Vertrauen zum Feldherrn, das ideale Selbstgefühl und das Gefühl der 
Zusammengehörigkeit (Kameradschaft). 
Die Voraussetzung aller Tugenden, daher auch der militärischen, 
ist das moralische Pflichtgefühl. Dasselbe ist die festbegründete 
Maxime, die Pflicht immer und nur ihrer selbst willen, ohne Rücksicht 
auf Belohnung wegen Erfüllung der Pflicht oder Strafe wegen Nicht- 
erfüllung derselben zu thun. Das Pflichtgefühl äußert sich in dem wahr- 
haft moralischen Menschen in der Form eines unbedingt befelilenden 
Sollens, d. h. als „kategorischer Imperativ“. Dieser lautet nach dem 
großen Königsberger Philosophen: „Handle jederzeit nach Maximen, 
die fähig sind, allgemeine Gesetze zu werden.“ Nur Handlungen, welche 
erst nach der Ausarbeitung des Autsatzes zu, weshalb ich es nur in Anmerkungen 
berücksichtigen konnte. 
I) „Die Manneszucht“, 1882, S. 11. 
2) Stein, „Die Lehre vom Heerwesen“, 1872, S. 20.
	        
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