Das Militär-Strafrecht des Alterthums und der Gegenwart. 13
Einwohner der Staaten gegeneinander Krieg, wie dies im Alterthum
der Fall war. Der Kriegsstand findet nach heutiger Auffassung des
Krieges nur zwischen den Oombattanten, das ist den von den krieg-
führenden Staaten berufenen Streitern statt. Zu diesen gehören zu-
nächst die regulären Truppen der Land- und Seemacht, dann die autori-
sierten Freicorps, sei es dass dieselben nach ausdrücklichem Aufrufe
des Staates oder mit stillschweigender Genehmigung desselben sich am
Kriege betheiligen. Gegen diese Personen erlaubt das Kriegsrecht, alle
Mittel zu ihrer Besiegung anzuwenden und im Kampfe sie zu tödten.
Unmenschlich darf gegen sie auch nicht verfahren werden, weshalb Ver-
giftungen von Brunnen, Anwendung von unnütze Schmerzen bereitenden
Geschossen u. s. w. durch die Kriegssitte verboten sind.
Sind die feindlichen Soldaten außer dem Kampfe bereits wehrlos
und verwundet, so darf gegen sie kein Act der Gewalttliätigkeit aus-
geübt werden. Jede Gewaltthätigkeit gegen friedliche Bewohner des
Feindeslandes ist nach dem Strafgesetze zu beurtheilen. Das Kriegs-
recht, des Alterthums kannte nur wenige Schranken in der Behandlung
feindlicher Personen, sie überließ sie der Willkür des Siegers, mit der
Wahl zwischen Knechtschaft oder Tödtung. Der Kriegsgefangene wurde
nach der Auffassung der Alten Sclave; heute ist die Kriegsgefangen-
schaft nur die Beschränkung der persönlichen Freiheit, um die Rück-
kehr auf den Kampfplatz zu hindern.
Im Einklange mit den Normen des Völkerrechtes bestimmt das
österreichische Militär-Strafgesetz im $ 10: „Verbrechen und Vergehen
werden auch an dem wehrlosen Feinde... begangen.“
Die Beranbung Gefangener oder Verwundeter wird von den nenen
Militär-Strafgesetzen mit den strengsten Strafen bedroht ($ 265, öster-
reichisches Militär-Strafgesetz). Rühmenswert sind in dieser Beziehung
die Bestimmungen des deutschen Militär-Gesetzes. Das allgemeine
deutsche Strafgesetz hat für bestimmte Fälle von Diebstahl und Unter-
schlagung, Körperverletzungen, Verbrechen und Vergehen gegen die
Sittlichkeit vorgeschrieben, dass sie nur auf Antrag (des Beschädigten
gerichtlich verfolgt werden. Da aber im Kriege der Verletzte, durch
den Kriegsschrecken eingeschüchtert, oft nicht wagen wird, den betref-
fenden Antrag zu stellen, so ist nach dem deutschen Militär-Strafgesetz
wegen dieser Delicte im Felde, ohne den Antrag des Beschädigten ab-
zuwarten, von amtswegen zu verfahren ($ 127). Dieser Bestimmung liegt
die Absicht zugrunde, dass alle im Kriege begangenen strafbaren Hand-
lungen geahndet werden.
Einen rühmenswerten Fortschritt hat das Völkerrecht durch die
am 22. August 1864 in Genf geschlossene Convention gemacht, durch
welche die Ambulanzen und Militär-Spitäler als neutral anerkannt