Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

224 Die Kriegsgelangenschaft. 
legierte, General Voigts-Rhetz, machte jedoch gegen diesen Antrag gel- 
tend, dass derartige Leute oft falsche Gerüchte und Verleumdungen 
über die Armee verbreiten, bei welcher sie sich nicht befinden, und 
dass man daher im Falle ihrer Gefangennehmung nicht darauf ver- 
zichten könne, dieses Handwerk einzustellen. Über diese Bemerkungen 
des deutschen Delegierten zog der holländische Delegierte seinen Antrag 
zurück (Eichelmann, 1. c., S. 63). 
Personen hingegen, welche, ohne legitime Streiter zu sein, feind- 
selige Handlungen gegen die Kriegsmacht verüben (Spione, Wegweiser, 
die einen falschen Weg führen), haben im Falle ihrer Gefangennehmung 
keinen Anspruch darauf, als Kriegsgefangene behandelt zu werden. 
Solche Personen sind im Falle ihrer Gefangennelmung Strafgefangene, 
über welche die Urtheilssprechung den Kriegsgerichten zukommt, nicht 
Sicherheitsgefangene, wie solche die Kriegsgefangenen sind. 
Eine bevorzugte Stelluug kommt nach der Genfer Convention vom 
22. August 1864 (dem Sanitätspersonal (auch dem Feldprediger) und den 
Verwundeten zu. Das Personal der leichten und Haupt-Feldlazarethe ist 
der Wohlthat der Neutralität tlıieilhaftig. Diese Personen können selbst 
nach feindlicher Besetzung der Lazaretlie fortfahren, ihrem Amte zu 
obliegen. Stellen sie ihre Thätigkeit ein, so sollen sie (allerdings naclı 
Zulässigkeit und ohne die militärischen Operationen zu behindern) einem 
Truppenkörper ilırer Armee zugesendet werden. Das Material der Militär- 
spitäler (nicht der Verbandplätze) unterliegt allerdings den Kriegs- 
gesetzen, weshalb das Sanitätspersonal nur die Gegenstände mitnehmen 
darf, welche Privat-Bigenthum sind. BRücksichtlich der während des 
Kampfes verwundeten Militärs ist es den Öberbelehlshabern gestattet, 
dieselben, wenn es die Umstände erlauben uud beide Theile einver- 
standen sind, an die feindlichen Vorposten geleiten zu lassen. Dienst- 
unfähig gewordene Kriegsgefangene sollen in ihre Heimat entlassen 
werden. 
Die Kriegsgefangenschalt beginnt, sobald ein Soldat in die Gewalt 
des Feindes gekommen ist und keinen Widerstand leistet. Zu Kriegs- 
gefangenen können einzelne Soldaten während des Gefechtes gemacht 
werden, es können sich aber auch ganze Abtlieiluugen und Truppen- 
körper ergeben. Ist: der Gegner welhrlos, so soll keine Gewalt gegen ıhn 
mehr gebraucht werden. Es können allerdings Fälle vorkommen, in 
welchen es unmöglich ist, ganze Truppenkörper gefangen zu nehmen, 
anderseits aber durcli die Freilassung die eigene luxistenz gefährdet. 
würde. „Da verhüllt die erhabene Göttin des Rechts ihr Antlitz und 
lässt, die tragische Nothwendigkeit. walten... Mögen solche Fälle nie 
vorkommen!“ (Neumann, „Grundriss des heutigen europäischen Völker- 
rechts“, S. 119).
	        
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