Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Y) Das Recht und die Pflicht der Anwendung der Walle. 
römische Consul Attilins Regulus, als er zum Entsatze von Lucera 
gesandt und von den Samnitern angegriffen wurde und sah, dass die 
Soldaten die Flucht ergriffen, stellte eine Abtheilung Reiterei bei dem 
Lager auf nnd befahl, jeden Feigen gleich einem Feinde niederzu- 
machen.') 
Unser Gesetz räumt den militärischen Vorgesetzten (das \Waffen- 
recht gegen den Untergebenen in derartigen Fällen ebenfalls ein und 
macht dieses Recht gleichzeitig zur Pflicht, indem der Nichtgebrauch 
der Waffe als Verbrechen bestraft wird. Das Gesetz sagt im $ 252, 
dass jeder Vorgesetzte verpflichtet ist, wenn die Weigerung, gegen den 
Feind zu kämpfen, oder die Feldflüchtigkeit der Untergebenen von 
augenblicklicher Gefahr ist, den Strafbaren auf der Stelle niederzu- 
machen, oder dessen Niedermachung anzubefehlen. Die Unterlassung 
wird mit Kerker bis zu 5 Jahren bestraft. Ein gleiches hat auch dann 
statt, wenn durch feige Äußerungen in einem belagerten Platze oder 
in feindlicher Gelegenheit augenblickliche große Gefahr entstehen kann. 
Bei Beurtheilung derartiger Fälle muss jedoch auch immer darauf 
Bedacht genommen werden, dass der Vorgesetzte rasch und olıne lange 
Überlegung handeln musste. 
2. Beim Beutemachen zur Unzeit und einreißenden Plünderungen. 
Das Völkerrecht der Gegenwart erkennt die Unverletzlichkeit des 
Privateigenthums im Principe an. Verletzungen des Eigenthums im 
Kriege werden strenger als im Frieden bestraft. Der Krieg mit seinen 
in alle Lebensverhältnisse eingreifenden Wirkungen macht noch außer- 
dem besondere Strafbestimmungen gegen Eingriffe in das fremde Eigen- 
thum nötlig, das sind die Strafen gegen Plünderung und unzeitiges 
Beutemachen. Soldaten, welche unter Benützung des durch die An- 
sammlung größerer Truppen bei den Landesbewohnern hervorgerufenen 
Eindruckes fremdes, bewegliches Eigenthum hinwegnehmen, machen sich 
des Verbrechens (Vergehens) der Plünderung schuldig. 
Das Beutemachen, welches darin besteht, dass der Soldat an dem 
eroberten feindlichen Gute Eigenthum erwirbt, ist im Kriegsrechte der 
Neuzeit nur auf einzelne Ausnahmsfälle beschränkt. Allein Plünderungen 
und Beutemachen können auch für die Disciplin des Heeres von großer 
Gefalır sein, was die Kriegsgeschichte beweist, die zahlreiche Beispiele 
enthält, dass Abtheilungen, welche sich zum Zwecke des Beutemachens 
zerstreuten, von dem Feinde vernichtet wurden. Wie die Selbsterhal- 
tung, so ist auch die Gewinnsucht ein starker Trieb, welcher oft nur 
durch ein warnendes Beispiel niedergehalten und so dem Unglücke 
vorgebeugt werden kann. Es ist deshalb, wenn Plünderungen einreißen 
1) Livius, „Hist.“, c.X, S 36; Frontin., „Stratag.“, .IV,c.1L,s 2.
	        
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