24 Das Recht und die Pflicht der Anwendung der Waffe.
befehligt ist, sich aber noch im Wachzimmer befindet, in dieser Be-
ziehung nicht als Wache angesehen werden. Die Wachmannschaft hat
daher das Recht der Anwendung der Waffe nur unter den Bedingungen,
unter welchen eine Truppe überhaupt dieses Recht hat, nicht aber unter
den Bedingungen, unter welchen dem Posten dieses Reclıt zusteht.
Soviel von dem Begriffe „Wache“. Nunmehr wenden wir uns der
Frage zu, wann das Recht und die Pflicht der Waffenanwenduug der
Wache eintritt und auf welche Weise dieses Recht zu begründen ist.
Der Staat ist die höchste sittliche und rechtliche Ordnung unter
den Menschen. Nur im Staate ist ein Fortschritt der Menschheit mög-
lich, nur im Staate kann die Menschheit sich der Verwircklichung der
höchsten Ideale beständig nähern.
Der Staat hat ein Recht zu bestehen und muss daher auch das
Recht haben, den gegen ihn gerichteten Widerstand zu brechen. Ein
Recht aber, welchem nicht die Macht zur Seite steht, trägt den Keim
des Verfalles in sich. Der Staat hat daher nicht allein das Recht, son-
dern im Interesse seiner Staatsangehörigen auch die Pflicht, seine Ge-
setze und Anordnungen im nöthigen Falle mit Gewalt durchzuführen.
Das Heer ist die höchste Kraft des Staates. Die Aufgabe des
Heeres ist nicht bloß die Vertlieidigung des Staates gegen äußere Feinde,
sondern auch die Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung, Ruhe
und Sicherheit.
Den militärischen Wachen gebürt daher Achtung, denn sie sind
die Organe des Staates in Ausübung seiner Rechte. Wird den Weisun-
gen des Postens nicht Folge geleistet, so wird indirecte dem Staate
der Gehorsam verweigert. Eine Beschimpfung Jer Wache ist zugleich
eine Verletzung der dem Staate schuldigen Elhrerbietung. Daher Achtung
vor den militärischen Wachen!
Sollen die Wachen den ihnen als Wächter der öffentlichen Ord-
dnung obliegenden Pflichten nachkommen können, so ist es nöthig,
dass dieselben das Recht der Waffenanwendung haben, um den gegen
sie oder ihre Anordnungen gerichteten gesetzwidrigen Widerstand zu
brechen und fortgesetzte Beschimpfungen zu ahnden,
Der einzelne Bürger des Staates hat allerdings das Recht der Frei-
heit und Unverletzlichkeit seiner Person. Es darf daher selbstverständ-
lich das Recht der Watfenanwendung nicht ganz der Willkür der mili-
tärischen Wachen überlassen werden.
Die Vereinigung des Rechtes des Staates auf Durchführung seiner
Anordnungen nöthigenfalls mit Anwendung der Gewalt und des sich
hieraus ergebenden Rechtes der Wachen, von Jder Walfe Gebrauch zu
machen, einerseits, — und des Rechtes des einzelnen Bürgers auf Frei-
heit und Unverletzlichkeit seiner Person andererseits, liegt darin, dass