Subordinations-Verletzung durch Herausforderung zum Zweikampte. 37
Veranlassung der Herausforderung, in der Person des Vorgesetzten der
Dienst selbst verletzt, weshalb die That als ein Militär-Delict aufgefasst
wird. Die gesetzliche Qualification der Herausforderung unter den be-
zeichneten Umständen als Subordinations-Verletzung steht daher im
Einklange mit der in allen Militär-Strafgesetzen aufgenommenen und
gewiss sehr rationellen Bestimmung, dass jede Achtungsverletzung im
Dienste strenger zu ahnden ist, als die unter gleichen Umständen außer
Dienst begangene.
Außer Dienst stehen Officiere, welchen Grad immer sie bekleiden
mögen, als Gentlemen einander gegenüber. Es ist zwar Sache des
Niederen, dem Höheren immer mit Achtung zu begegnen, allein außer
Dienst tritt doch der Grundsatz der militärischen Unterordnung gegen-
über dem Gedanken in den Hlintergrund, dass alle Ofticiere gleichen
Anspruch auf gesellschaftliche Achtung und Respectierung ihrer Rechte
haben. Eine Ehrenkränkung eines Officiers gegen einen anderen außer
Dienst und ohne Rücksicht auf ein Dienstverhältnis hat daher mehr’)
einen privaten Charakter. Die Herausforderung eines Officiers an einen
anderen, welche aus privatem Anlasse erfolgt, kann daher nur so an-
gesehen und beurtheilt werden, wie die Herausforderung zwischen
anderen Personen wegen einer Ehrenkränkung. Die Bestimmungen des
Militär-Strafgesetzes über den Zweikampf sind daher im wesentlichen
dieselben wie die des allgemeinen Strafgesetzes, mit einzelnen Aus-
nahmen über das Rencontre zwischen Officieren und die Secundanten
aus dem Officiersstande. Man mag nun über die Nothwendigkeit des
Duells was innmer für eine Ansicht haben, so muss man docl zugeben,
dass bei der Beurtheilung der Strafbarkeit auf das Motiv der That,
das gekränkte Elrgefühl und die Macht der Standesanusicht, welche die
Duellanten zum Zweikampfe veranlasste, Bedacht zu nehmen ist. Ich
will hier die Worte eines ausgezeichneten Juristen,?) der dem Militär-
stande nicht angehört, anführen:
„Bei der Strafausmessung darf die Maclıt der Standesansicht,
welche die Duellanten zum RKampfe antrieb, nicht außer Anschlag
bleiben. Otficiere wird man daher deshalb am mildesten zu strafen
haben.“
Gerade das Gegentlieil findet bei dem Militär-Delicte der Insub-
ordination statt. Die Militär-Strafgesetze aller Nationen und aller Zeiten
enthalten strenge Strafbestimmungen gegen Insubordination. Auch nach
1!) Immerhin kann die Beiscitesetzung der Ehrerbietung gegenüber dem Höheren
oder Vorgesetzten, auch wenn dieselbe auber Dienst erfolgte, das Vergehen der
Subordinations-Verletzung bilden. (S 156 M.-St.-G.)
2) Berner, „Lehrbuch des deutschen Strafrechtes“, 11. Aufl., S. 474. Vgl. auch
Kaiser Wilhelms Verordnung vom 2. Mai 187.4 über die Elhirengerichte.